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Sport: Yoon bleibt ohne Titel

Der beste Bundesliga-Werfer hat noch nichts gewonnen und kommt auch nicht ins Final-Four-Endspiel

Berlin - Man glaubt es nicht, da schafft einer 2671 Tore in der Handball-Bundesliga, ist damit der erfolgreichste Werfer aller Zeiten in Deutschland, und hat noch nie einen Mannschaftstitel gewonnen. „Es wird langsam Zeit“, sagte Kyung- Shin Yoon, der 33 Jahre alte Südkoreaner in Diensten des HSV Hamburg noch am Samstag. Doch die Chance dazu hat er gestern in der Hamburger Color-Line- Arena vor 13 000 Zuschauern wegen eines 28:29 (10:13) gegen die SG Kronau-Östringen wieder einmal verpasst. Als Roman Pungartnik sechs Sekunden vor Schluss am polnischen Torhüter Slawomir Szmal gescheitert war und Torsten Jansen den Nachwurf rechts am Tor vorbei geworfen hatte, fasste sich auch Yoon enttäuscht mit den Händen an den Kopf. Seine sechs Tore waren im Final-Four- Halbfinale zu wenig, die Kronauer Abwehr hatte sich gut auf ihn eingestellt.

„Wir waren einfach besser eingestellt“, freute sich Jungnationalspieler Uwe Gensheimer aus dem Siegerteam. „Der Sieg Kronau-Östringens war verdient“, anerkannte auch HSV-Coach Martin Schwalb, „wir haben zu viele leichte Tore zugelassen“. Von Beginn entwickelte sich eine spannende Partie vor 13 000 Zuschauern. Bis zum 3:2 durch einen von Yoon verwandelten Strafwurf (6. Minute) lag der Favorit in Führung, dann aber übernahm der Tabellenachte der Bundesliga das Kommando. Beim 8:6 durch Mariusz Jurasik (18.) führte Kronau erstmals mit zwei Treffern, dann 13:10 kurz vor der Pause.

Während die Hamburger vor allem auf ihre individuelle Stärken setzten, hatte Kronau spieltaktische Vorteile auf seiner Seite. Als die Badener durch ihren starken österreichischen Rechtsaußen David Szlezak auf 21:17 davonzogen (43.), schien eine Vorentscheidung gefallen. Aber HSV-Keeper Per Sandström brachte sein Team mit seinen Paraden wieder zurück ins Spiel – als Weltmeister Jansen einen Tempogegenstoß zum 23:23 (53.) abschloss und Guillaume Gille zwei Minuten vor Schluss aus dem Rückraum zum 27:27 traf, war alles offen. Am Ende entschieden zum Entsetzen der Hamburger zwei Gewaltwürfe Jurasiks die Partie zugunsten Kronaus.

„Das wird uns nicht umwerfen“, sagte Martin Schwalb später mit etwas Abstand zum Spiel. Er weiß schließlich, welche Chancen seine Mannschaft in dieser Saison noch hat. Dabei setzt er vor allem auch auf Yoon, auf den er große Stücke hält. „Yoon ist eine unglaubliche Persönlichkeit, er hat einen starken Charakter und ist ein absoluter Leistungsträger“, beschrieb er ihn bereits, als dieser nach elf Jahren in Gummersbach die ersten Spiele für den HSV bestritten hatte. Der Aufschwung des HSV Hamburg wird Yoon zu großen Teilen zugeschrieben. Selbst wenn es aus dem Rückraum bei ihm mal nicht ganz so klappt, wie zuletzt in der Bundesliga und diesmal beim Final Four, dann ist er mit seiner Erscheinung und der Sicherheit an der Siebenmeterlinie immer noch eine Verstärkung. Die Hamburger wissen, was sie an ihm haben. Wann hat schon mal ein Handballer in der Bundesliga 18 Treffer in einem Spiel erzielt, wie Yoon in dieser Saison gegen die gewiss nicht schlechten Lemgoer?

Doch von Statistiken hält er nicht viel. „Ihm ist es geradezu peinlich, wenn er mal im Mittelpunkt steht“, beschreibt Schwalb den 2,04 Meter großen Welthandballer des Jahres 2001, den früher seine Teamgefährten nur Nick nannten. Der Legende nach soll ihm Bundestrainer Heiner Brand, der Yoon in den ersten Jahren in Deutschland trainierte, diesen Namen verpasst haben. Da er kaum Deutsch sprach und wenig von dem verstand, was Brand erzählte, nickte Yoon immer nur höflich bei Brands Ausführungen. Diese Geschichte aus dem Jahre 1996, als Yoon aus Seoul nach Deutschland kam, hält sich bis heute beharrlich, obwohl die Hamburger ihn kurzerhand in Kim umbenannten. Sein Deutsch ist mittlerweile ausgezeichnet geworden.

Yoon kann in dieser Saison mit den Hamburgern im Idealfall sogar noch zwei Titel erringen. Neben der guten Position im Meisterschaftskampf steht die Mannschaft auch im Finale des Cups der Pokalsieger, in dem sie auf die Spanier von Ademar Leon treffen werden. Für Schwalb ist die Belastung normal, zumal seine Mannschaft für die kommende Saison weiter verstärkt wird. Dann wird der HSV erneut nach dem DHB-Pokal greifen, mit einem Kyung-Shin Yoon, der dann besonders motiviert sein dürfte. Die Frage ist nur, ob er dann immer noch titellos sein wird.

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