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Sport: Zidanes Berliner Rede

Wenn irgendwo einer Angst vor Stuttgart hat, dann nur, weil der VfB vor drei Jahren erfolgreich das gemacht hat, was die Hertha dieser Tage tut: junge Spieler wirken lassen. Hinkel, Tiffert und Hleb heißen heute Chahed, Fathi und Boateng.

Wenn irgendwo einer Angst vor Stuttgart hat, dann nur, weil der VfB vor drei Jahren erfolgreich das gemacht hat, was die Hertha dieser Tage tut: junge Spieler wirken lassen. Hinkel, Tiffert und Hleb heißen heute Chahed, Fathi und Boateng. Das ist sogar dem französischen Nationalspieler Zinedine Zidane nicht entgangen, der lange als der beste Fußballspieler der Welt galt. Zidane denkt an den Ruhestand. Zum Abschied von seinem Leben als Fußballprofi hat er Gerüchten zufolge eine Abschiedsrede vorbereitet. Diese möchte er angeblich in Berlin halten und ausgerechnet an die Talente von Hertha BSC richten. Der genaue Wortlaut soll an eine Rede de Gaulles angelehnt sein, die der 1962 bei einem Besuch in Berlin der deutschen Jugend vorgetragen hat. Nachdem Dieter Hoeneß seine Spieltagsrede vor einigen Wochen angeblich an einen Vortrag Erich Honeckers angelehnt hatte, wäre dies ein interessanter Hakenschlag. Der genaue Wortlaut soll sich so lesen:

Sie alle beglückwünsche ich! Ich beglückwünsche Sie zunächst, jung zu sein. (Applaus) Man braucht ja nur die Flamme in Ihren Augen zu beobachten, die Kraft Ihrer Rufe des Ansporns an Ihre Mannschaftskollegen zu hören, wenn Sie in Ihren herrlich glänzenden S-Klassen nebeneinander an der Ampel stehen, um überzeugt zu sein, dass diese Begeisterung sie zu den Deutschen Meistern der Zukunft auserkoren hat. (starker Applaus)

Ich beglückwünsche Sie ferner, junge Herthaner zu sein, das heißt, (Applaus) das heißt, (anhaltender Applaus) Herrschaften, Ruhe bitte, (Applaus ebbt ab) das heißt, Kinder eines großen Vereins. Jawohl, eines großen Fußballklubs, der im Laufe seiner Geschichte vor Dieter Hoeneß manchmal große Fehler begangen hat. Ein Verein, der aber auch dem Fußball geistige, künstlerische, philosophische Wellen gespendet hat, seit Deisler, Preetz und Alex Alves dazukamen. (Applaus) Ein Ballsportclub, und ich dachte lange, dass BSC Ballsportclub bedeute, doch BSC heißt „Berliner Sportclub“. (Schweigen) Huppsala. Ein Berliner Sportclub also, der sowohl im friedlichen Werk wie auch in den Leiden dämlichen Fanverhaltens wie dem Fernbleiben der Ostkurve und dem Verzicht auf das Anfeuern der eigenen Mannschaft aus Protest gegen den Vereinsvorstand, trotzdem wahre Schätze an Mut, Disziplin und Organisation entfaltet hat. Das Berliner Volk weiß es voll zu würdigen, weil es auch weiß, was es heißt, schaffensfreudig zu sein, zu geben, zu leiden und Taxi zu fahren. (Applaus) Schließlich beglückwünsche ich Sie, die Hertha-Jugend von heute zu sein. Im Augenblick, wo Sie ins Berufsleben treten, beginnt für die Bundesliga ein neues Leben.

Das Leben in dieser Welt ist jedoch voller Gefahren. Diese sind größer als, wie stets, Sie selbst. Darum: Lernen Sie von den Alten und Erfahrenen. Auch wenn es schwer fällt, Greise schon allein akustisch zu verstehen. Lernen Sie! Lernen Sie von Niko Kovac. Lernen Sie von Dick van Burik. (Applaus) Diese jetzt dann ganz natürliche Solidarität zwischen den Generationen in einer Mannschaft muss trainiert werden. Das ist die Aufgabe von Arne Friedrich, dem Mannschaftskapitän. Arne, gib Gas! Reiche den Alten die Hand und führe sie auf das Haupt eines Jungen. Lass Zärtlichkeit zu. Und wenn dich einer der Alten schlägt auf die rechte, dann gehe mit gutem Beispiel voran und halte die linke hin. (Applaus) Die Zukunft (Applaus), die Zukunft von Hertha BSC, ist die gegenseitige Achtung, das Vertrauen und die symbolträchtige Freundschaft zwischen Falko Götz und Thorben Marx. (starker Applaus)

Christian Ulmen, 30, ist Schauspieler und Hertha-Fan. Immer wenn Hertha BSC ein Heimspiel hat, erscheint seine Kolumne an dieser Stelle.

Ein Selbsterfahrungskurs in 17 Lektionen

Von Christian Ulmen

Ein Selbsterfahrungskurs in 17 LektionenVon Christ

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