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Sport: Zieleinlauf mit Verspätung

Vor allem wegen der teuren Tickets war das Rennen in Sepang in der Vergangenheit schlecht besucht – mittlerweile aber ist die Formel 1 auch in Malaysia angekommen

„Diesmal fliege ich hin“, sagt Mohamed und zeigt stolz sein Ticket. „Diesmal lasse ich mir das Rennen nicht entgehen.“ Der Hotelangestellte, der normalerweise auf der Ferieninsel Langkawi arbeitet, ist nicht allein. Im sechsten Jahr seines Bestehens ist der Große Preis von Malaysia offensichtlich endlich auch bei der einheimischen Bevölkerung angekommen.

In den vergangenen Jahren blieben die Ränge erstaunlich leer für ein Rennen, das 1999 als Prestigeprojekt in den Formel-1-Kalender aufgenommen wurde. Mehrmals mussten die Einheimischen mit der Androhung des Verbots einer Fernseh-Live-Übertragung in Malaysia dazu motiviert werden, sich ein Ticket zu kaufen. Im vergangenen Jahr fanden sich über alle drei Formel-1-Tage verteilt nur 80 000 Zuschauer ein, obwohl der für 85 Millionen Euro erbaute Kurs nahe der Hauptstadt Kuala Lumpur Platz für 75 000 Zuschauer pro Tag bietet. Ein Grund dafür mag sein, dass der Rennsonntag 2004 auf den Tag der Parlamentswahlen fiel. Ein anderer waren sicherlich die hohen Ticketpreise. Bei aller Fixierung auf den Zukunftsmarkt Asien hatten die expansionswilligen Formel-1-Verantwortlichen das niedrigere Lohnniveau nicht bedacht. Die Einheimischen konnten sich das Rennen schlicht nicht leisten.

Doch allmählich fasst „das heißeste Rennen des Jahres“, wie es die Veranstalter angesichts erwarteter Temperaturen von 40 Grad nennen, auch in der malaysischen Bevölkerung Fuß. In dieser Saison kosten Stehplatzkarten für das gesamte Rennwochenende nur noch etwa 40 Euro. Das ist auch für den Hotelangestellten Mohamed einigermaßen erschwinglich. Mohamed kennt sich inzwischen in der Formel 1 recht gut aus, kann Fahrer und Teams nennen und hofft vor allem auf ein spannendes Rennen: „Bitte keinen Schumacher-Alleingang mehr – davon hatten wir letztes Jahr genug.“

Auch die teureren Tickets zwischen 300 und 400 Euro finden inzwischen ihre Abnehmer. Unter der malaysischen High-Society genießt der Grand Prix ein hohes Ansehen. Ein Gala-Dinner in Kuala Lumpur am Donnerstagabend mit dem Königspaar, dem Ministerpräsidenten, vielen Kabinettsmitgliedern und einigen Formel-1-Stars wie Michael Schumacher und Jacques Villeneuve war sehr schnell ausverkauft. Der Erlös kommt den malaysischen Tsunami-Opfern zugute.

Einen nicht unerheblichen Anteil an der gewonnenen Popularität hat Petronas. Die malaysische Ölgesellschaft hat in den vergangenen Jahren zahlreiche Fernsehkampagnen gestartet und Formel-1-Ausstellungen in Shoppingcentern durchgeführt. Das tut sie nicht ganz ohne Eigennutz: Petronas ist Hauptsponsor des Rennens. Der Konzern weiß, dass der Grand Prix in Gefahr ist, wenn die Zuschauerzahlen nicht deutlich steigen.

Die Voraussetzungen für ein gut besuchtes Rennen sind in diesem Jahr so gut wie noch nie. Kein Wahltermin stört, allein zur Präsentation des ebenfalls von Petronas gesponserten Sauber-Teams in den Häuserschluchten von Kuala Lumpur kamen am vergangenen Sonntag 80 000 Menschen. Andere Teams und Sponsoren ziehen inzwischen nach, allenthalben finden öffentliche Formel-1-Events und Formel-1-Shows statt. Renault schickte seine zwei Fahrer zu einer völlig überfüllten Autogrammstunde in die Stadt, Toyota feiert gar drei Tage lang eine Grand-Prix-Party mit den Fans.

Und eigentlich passt die Formel 1 ja in ein Land, in dem Fortschritt und Höchstleistungen einen solch hohen Stellenwert genießen. So sind die besten Abiturienten des Landes tagelang Thema in den großen Zeitungen und werden sogar durch den Ministerpräsidenten geehrt. Die besten 70 Schulabsolventen aus der Region Kuala Lumpur konnten sich diesmal auch noch über ein zusätzliches Präsent freuen: Freikarten für den Grand Prix.

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