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Sport: Ziellos, leblos, ratlos

Schwache Dortmunder verlieren 0:2 in Stuttgart

Die einen spuckten fast verächtlich aus, andere liefen auf dem schnellsten Weg wortlos in die Kabine, ein paar Dortmunder in den schwarzgelben Trikots irrten wie ziellos auf dem Platz umher. Leblos wirkten die Profis der Aktiengesellschaft Borussia Dortmund, als die 2:0-Sieger des VfB Stuttgart ihnen nach dem Spiel die Hände schüttelten. Angesichts der bescheidenen sportlichen Leistungen und der mehr als angespannten finanziellen Situation wirkten die Aktionen der Stuttgarter fast wie Beileidsbekundungen. „Die ganze Mannschaft ist traurig, wir hatten ganz andere Pläne vor der Saison“, sagte BVB-Verteidiger Dede. Und Mittelfeldspieler Florian Kringe sagte: „Die Situation ist nicht leicht. Wir haben alle versucht, das in den Hintergrund zu schieben, aber…“, dann brach Kringe sein Statement mitten im Satz ab und schaute in die Ferne.

Die Last der 119 Millionen Euro Schulden und die ungelöste Frage um den umstrittenen Präsidenten Gerd Niebaum ließ sie nicht los. Am heutigen Sonntag tagt der Aufsichtsrat, und einige rechnen mit einem Misstrauensvotum gegen Niebaum, nachdem er die Öffentlichkeit seit Wochen an der Nase herumgeführt hat. Endgültig stürzen kann den Präsident aber nur ein Misstrauensvotum der Mitgliederversammlung des Vereins am 14. November. Einen Rücktritt lehnte Niebaum, der gestern nicht mit nach Stuttgart gereist war, bisher ab. Blass und äußerlich angeschlagen sah Dortmunds Manager Michael Meier im Studio des Fernsehsenders „Premiere“ aus.

Die Harmonie leide, es sei schwierig, in solch einem Umfeld Entscheidungen zu treffen, sagte Maier. Er wirkte genau so ratlos wie die Dortmunder Spieler auf dem Rasen. Zur Meldung, Niebaum trete in den nächsten Tagen zurück, bliebe aber Geschäftsführer der AG, wollte sich keiner der Dortmunder äußern.

Richtige Freude wollte aber auch beim Stuttgarter Trainer Matthias Sammer an diesem Abend nicht aufkommen. Trotz des Sprungs seiner Mannschaft an die Tabellenspitze und des erfolgreichen Comebacks von Kevin Kuranyi, der nach seiner Einwechslung das 2:0 durch Cacau vorbereitete, betrübten den Trainer die Vorgänge in Dortmund, wo er bis zum vergangenen Sommer noch tätig war. „So geht es nicht, man stellt Niebaum in eine Ecke“, sagte Sammer, der sich immer mehr in Erregung steigerte und zu einer minutenlangen Verteidigungsrede ansetzte. Es seien Fehler gemacht worden, die er nicht wegdiskutieren wolle, aber „warum gibt man Niebaum nicht die Chance, die Dinge wieder gerade zu rücken. Die Leute sollen sich daran erinnern, wo der Verein vor Niebaum stand“.

Als die Dortmunder Spieler zu ihrem Bus schlichen, nachdem sie auf dem Platz 90 Minuten lang kaum eine Chance erspielt hatten, glich auch das einem Schweigemarsch. „Heute nicht, nein“, sagte Christian Wörns. „Wir haben Ohren und Augen, wir reden in der Kabine drüber, das belastet uns. Aber unser Job ist Fußball. Wir sind alle sehr enttäuscht“, sagte Tomas Rosicky. Er wolle in den nächsten Tagen sehr intensiv mit der Mannschaft reden, sagte Bert van Marwijk, der Nachfolger Sammers in Dortmund. „Die Situation des Vereins verfolgt uns jeden Tag, jede Minute werden wir damit konfrontiert. Aber wir müssen die Energie aufbringen, es zu schaffen.“

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