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Sport: „Zu einigen werden wir aufschauen müssen“

Handball-Bundestrainer Heiner Brand zum Neuaufbau seines Teams vor der WM 2007 in Deutschland

Herr Brand, Sie fahren als Olympiazweiter, aber mit einer völlig neu formierten Mannschaft zum World Cup nach Schweden. Freuen Sie sich, oder ist Ihnen ein wenig bange vor dem, was da auf Sie zukommt?

Sagen wir mal so: Ich bin freudig gespannt.

Werden Ihnen die alten Spieler, die ja auch Freunde geworden sind, fehlen?

Ja, das macht mich ein wenig wehmütig. Aber die Jungs, die nach Olympia ihre Karriere in der Nationalmannschaft beendet haben, sind nicht aus der Welt. Ich war doch auf den Generationswechsel vorbereitet.

Werden Sie wieder eine Ansprache halten, wie 1997, als Sie Nationaltrainer wurden?

Ja, aber keine so große wie damals, als wir nicht zur Weltspitze zählten. Dennoch, was ich an Einstellung, Selbstkritik, Teamfähigkeit und Auftreten in der Öffentlichkeit erwarte, werde ich den jungen Spielern sagen. Alle wollen doch Erfolg haben, aber den haben wir auch nur, wenn Individualisten im Team sind.

Wie es der zurückgetretene Stefan Kretzschmar war, mit dem Sie sich regelrecht zusammengerauft haben.

Ja, das dauerte einige Zeit. Er ist ein Spieler, der sich als Persönlichkeit nie in ein Schema pressen lässt, aber sich immer in den Dienst der Mannschaft stellt.

Wie finden Sie seine Darstellung als Gesamtkunstwerk – mit vielen Tattoos und Piercings?

Als Trainer habe ich damit absolut keine Probleme. Kretzsche hat sicherlich viel Aufmerksamkeit erregt, aber vor allem ist er ein großer Handballer. Seine Gesamterscheinung tut dem Handball sehr gut.

Und als Vater?

Da bin ich bereits mit einem Piercing bei meiner Tochter konfrontiert gewesen.

Schließen Sie aus, dass vor der WM 2007 in Deutschland und Olympia 2008 in Peking einer der gerade verabschiedeten Spieler den Rücktritt vom Rücktritt erklärt?

Christian Schwarzer, Klaus-Dieter Petersen oder Volker Zerbe sind dann wirklich schon zu alt. Lediglich bei Stefan Kretzschmar könnte es vom Alter noch gehen. Ich erwarte das allerdings nicht.

Treibt Sie nicht ein wenig die Sorge um, dass Ihr Team schon bald in ein Tief fallen könnte?

Das glaube ich nicht. Ich hätte jetzt in Schweden zwar gern mehr Spieler aus dem Athener Kader dabei gehabt als nur Daniel Stephan, Florian Kehrmann und Frank von Behren, aber wir haben auch gute Nachwuchsspieler.

Spieler, die unter Juniorentrainer Martin Heuberger Europameister wurden. War das der Grund, dass Heuberger Ihr Kotrainer wurde?

Er war schon vorher mein Wunschpartner für diesen Posten. Ein neuer Mann bringt ja auch neue Gedanken ein. Das ist wichtig, sich immer wieder neu inspirieren zu lassen. Ich besuche ja auch Fortbildungsveranstaltungen.

Können Sie sich vorstellen, für die Teambildung der Nationalmannschaft mal etwas Extremes zu machen?

Natürlich. Wir hatten vor Olympia schon den Besuch eines Kletterparks im Programm, aber dann darauf verzichtet. Die Teambildung war nicht mehr nötig. Gut für die Beinarbeit ist das Boxtraining. Wir arbeiten alle für unser nächstes großes Ziel, die Weltmeisterschaft im Januar in Tunesien. Da wollen wir eine deckungsstarke Mannschaft aufbieten. Bis dahin ist noch sehr viel zu tun.

Das klingt nicht sehr zuversichtlich …

Es ist doch ganz klar, dass wir nun zu den Teams einiger Länder aufschauen müssen. Wir werden aber dennoch versuchen, die WM 2005 und die EM 2006 optimal zu spielen. Wir haben den Umbruch zu diesem Zeitpunkt ganz bewusst in Kauf genommen.

Ein Umbruch, der in Schweden gleich mit personellen Problemen beginnen wird. Wie ist die Situation?

Sieben Spieler, die ich gern im Team hätte, werden diesmal nicht spielen können: Jan-Olaf Immel, Pascal Hens, Torsten Jansen , Markus Baur , Henning Fritz, Christian Zeitz und Oleg Welyky. Nach den vielen Absagen ist der Weltcup für uns eher ein Sichtungsturnier für 2012.

Sie haben gerade ein Buch veröffentlicht…

…Heiner Brand – Inteam…

…da schreiben Sie, dass Sie sich darauf freuen, sich der großen Herausforderung stellen zu können. Wird die Aufgabe für Sie nun noch komplizierter?

Abwarten, aber es geht ja nicht um meine Person dabei, es geht um die Sache.

Ist das nicht ein wenig zu pathetisch formuliert?

Das glaube ich nicht. Wir haben mit der WM 2007 in Deutschland die große Chance, den Handball noch besser zu positionieren. Was wir bis Athen erreicht haben, kann noch ausgebaut werden.

Das Gespräch führte Hartmut Moheit.

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