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Starker Auftritt. Arne Gabius (2. v. l.) kann mit viel Optimismus zu den Olympischen Spielen nach London reisen.

© dpa

Zum Auftakt: Arne Gabius holt Silber über 5000 Meter

Arne Gabius gewinnt zum Auftakt der Leichtathletik-EM in Helsinki Silber über 5000 Meter - weil er inzwischen allein trainiert.

30 Meter vor dem Ziel schaute Arne Gabius einmal nach links, einmal nach rechts, dann wusste er, dass ihm die Medaille sicher war. Hinter ihm war weit und breit niemand zu sehen, der ihm das Edelmetall noch hätte streitig machen können. Und vor ihm war auch nur einer, Mo Farah, der große Favorit, der sich bei den Leichtathletik-Europameisterschaften in Helsinki wie erwartet den Titel über 5000 Meter sicherte. Hinter dem in 13:29,91 Minuten siegreichen Briten gewann Gabius in 13:31,83 Minuten Silber. Es war im ersten Finale der Titelkämpfe auf Anhieb die erste deutsche Medaille. Zugleich war es das erste Edelmetall eines deutschen Läufers über die fünf Kilometer seit 18 Jahren. 1994 hatte Gabius' Ex-Trainer Dieter Baumann ebenfalls in Helsinki EM-Gold geholt.

Von Baumann hat sich Gabius inzwischen getrennt. Im Sommer vergangenen Jahres entschied der Tübinger, künftig als Autodidakt weiterzumachen. Alleine, ohne Trainer an seiner Seite. Baumann hatte es zwar geschafft, ihn an die deutsche Spitze zu führen, doch um auch bei Welt- und Europameisterschaften vorne mitzulaufen, reichte es nicht. Aber genau das wollte Arne Gabius. Er spürte: Ich kann es schaffen, ich muss dafür aber etwas verändern. Er stellte sein Training um und orientierte sich dabei am Konzept von Alberto Salazar. Der US-Amerikaner hat schon viele Läufer in die Weltspitze gebracht, unter anderem auch Mo Farah, den Europameister von Helsinki. In Salazars Rezeptur zum Erfolg ist Tempo eine wichtige Zutat. Das machte sich auch bei Gabius bemerkbar: Als er nach den Ideen des Erfolgscoachs trainierte, lief er den Kilometer im Training plötzlich rund eine Minute flotter als zu den Zeiten, zu denen er noch von Dieter Baumann betreut wurde. Bald darauf purzelten die Bestzeiten auch im Wettkampf: Bereits im Winter kratzte Gabius am deutschen Rekord über 3000 Meter. Anfang Juni lief der Deutsche Meister dann beim internationalen Meeting in Oslo über 5000 Meter in 13:13,43 Minuten zur Olympia-Norm.

In einem Alter, in dem andere bereits ans Aufhören denken, verschwendet Gabius noch keinen Gedanken an das Karriereende. Warum auch – es läuft ja. Gabius ist jetzt 31 Jahre alt, 2011 hat er sein Medizinstudium abgeschlossen, er könnte als Arzt arbeiten und gutes Geld verdienen. Doch seine Leidenschaft gehört dem Laufen. Das oft beschwerliche Training, die vielen Entbehrungen – Gabius hat sie gerne in Kauf genommen. „Ich bereue nichts“, sagte er nach seinem zweiten Platz in Helsinki. In die deutsche Fahne gehüllt, die ihm sein Bruder Jan im Ziel zugeworfen hatte, stand Gabius in der Mixed-Zone, gezeichnet von den zwölfeinhalb Runden. Die Spikes der Konkurrenten hatten seine Schienbeine blutig gekratzt, doch das schien den Mann vom LAV Tübingen überhaupt nicht zu stören. Strahlend berichtete er den Journalisten von seinen Glücksgefühlen. „Die Medaille ist etwas ganz Besonderes, einfach ganz toll“, sagte er.

Nebenan stand Mo Farah und erzählte den britischen Journalisten davon, wie er die Goldmedaille gewonnen hatte. Für den Europameister waren die Titelkämpfe in Helsinki allerdings nicht viel mehr als eine Zwischenstation auf dem Weg zu den Olympischen Spielen. Vor heimischem Publikum zählt für Farah in London nur der Titel. Für Arne Gabius ist dagegen schon mit der Qualifikation für Olympia ein Kindheitstraum in Erfüllung gegangen. An den Einzug in den Endlauf wagte der gebürtige Hamburger bislang angesichts der geballten Konkurrenz aus Afrika gar nicht zu denken. Doch das war vor Helsinki. Nach der Medaille in Finnland könnte Gabius seine Ziele nun noch einmal überdenken.

Konstantin Jochens

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