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Sport: Zum Aufwärmen nach Athen

China schickt vor allem junge Sportler zu Olympia – als Vorbereitung auf die Spiele 2008

Zhang Tianyi ist die Jüngste im Kader. Wenn in zwei Wochen in Athen das olympische Feuer zu leuchten beginnt, wird die 14-Jährige bei den Schwimmwettbewerben für China antreten. Insgesamt 407 Athleten schickt die Volksrepublik zu den Olympischen Spielen nach Griechenland, das größte Aufgebot in der Geschichte des Landes. In 26 der 28 olympischen Sportarten wird China vertreten sein. Doch trotz des Rekordaufgebots rechnen Pekings Sportfunktionäre mit einer eher bescheidenen Medaillenausbeute. „Ich denke, dass wir um die 20 Goldmedaillen gewinnen können“ sagte der stellvertretende Teamleiter Li Furong.

Den Erfolg von Sydney, als Chinas Athleten 28 Goldmedaillen gewannen, wird das Land der 1,3 Milliarden diesmal nur schwer wiederholen können. Grund dafür sind die vielen Olympianeulinge im Team. Von den 138 Männern und 269 Frauen waren nur 84 bei früheren Olympischen Spielen dabei. Das Durchschnittsalter der Sportler liegt knapp über 23 Jahren. Man habe absichtlich junge Nachwuchsathleten bei der Auswahl für den Kader bevorzugt, erklärte Li. Schließlich wolle man „Erfahrungen für die Pekinger Spiele gewinnen“.

Pekings Sportfunktionäre machen kein Geheimnis daraus, dass die Wettkämpfe in Athen nur Vorbereitung sind, ein Aufwärmen für ein ungleich größeres und wichtigeres Ereignis in den Augen Chinas: die Olympischen Spiele 2008 in Peking. Die Spiele in vier Jahren im eigenen Land sollen auf Wunsch der KP-Führung ein gigantisches Propagandaspektakel werden. Schon heute gleicht die chinesische Hauptstadt einer riesigen Baustelle. Für Milliardenbeträge werden nicht nur neue Stadien und Sportanlagen gebaut, sondern ganze Stadtviertel mit Wolkenkratzern aus dem Boden gestampft.

Chinas Sportler dürfen bei der Leistungsschau natürlich nicht hintanstehen. Mit der Entsendung von jungen Sportlern nach Athen sollen spätere Medaillengewinner herangezogen werden. Manche erfahrene Sportstars wie der Badmintonspieler Xia Xuanze und die Turmspringerin Li Na mussten deshalb zu Hause bleiben. China, früher vor allemauf Nischensportarten wie Schießen und Wasserspringen spezialisiert, erschließt nun auch neue Sportarten.

Außer im Dressurreiten und im Baseball werden chinesische Athleten in Athen in allen Disziplinen antreten. Eine große Hoffnung ist der 22-jährige Hürdenläufer Liu Xiang, der im Mai den amerikanischen Olympiasieger Allen Johnson bezwang. Hohe Erwartungen liegen auch auf der Frauen-Volleyballmannschaft, die nach eher schwachen Jahren in Athen ein Comeback schaffen könnte.

Ansonsten setzt China auf seine traditionellen Stärken: Gewichtheben, Wasserspringen, Turnen, Tischtennis, Badminton und Schwimmen. Stars wie der 23-jährige Tian Liang, der „Prinz des Wasserspringens“, und der Turner Li Xiaopeng, sollen auch diesmal Medaillen holen. Ähnliche Erfolge werden von den Tischtennis- und Badmintonspielern erwartet. „Kein Gold bedeutet eine Niederlage“, schrieb die „Beijing Review“. Die Gewichtheber, in der Vergangenheit stets sichere Medaillenlieferanten, sollen diesmal mindestens viermal Gold einfahren. Unter dem Strich soll China damit in Athen wieder auf Platz drei in der Gesamtwertung stehen, hinter den USA und Russland. So wünschen es sich die Sportfunktionäre. „Dazu werden wir Deutschland schlagen müssen“, sagt Li Furong.

Einfach wird der dritte Platz für China jedoch nicht, und das liegt nicht nur an der Unerfahrenheit der Athleten. Nachdem Chinas Sportler in der Vergangenheit immer wieder durch Dopingskandale auffielen, scheint die Regierung nun durchzugreifen. Schon vor Sydney wurden 27 verdächtige Sportler kurzfristig aus dem Kader geworfen. Ein Opfer der neuen Anti-Doping-Kampagne sind Chinas Läuferinnen, die in den Neunzigerjahren die Mittel- und Langstrecken dominierten und heute international chancenlos sind. Seit einigen Jahren müssen Chinas Sportler auch vor nationalen Wettkämpfen regelmäßig Urinproben abgeben. „Alle Athleten, die sich für die Olympiade qualifiziert haben, sind sauber“, versichert Shi Kangcheng, Chef der chinesischen Dopingüberwachung.

Westliche Experten zweifeln jedoch, ob die Kontrollen in China so streng wie Europa oder den USA sind. Der Trainer der chinesischen Gewichthebermannschaft, Li Shunzhu, schloss auch für Athen Dopingfälle nicht aus. Der Trainer erklärte, es bestehe immer die Gefahr, dass die Sportlerinnen „versehentlich verbotenes Doping“ erhalten haben.

Harlad Maass[Peking]

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