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Sport: Zwei Fälle, ein Vorwurf

Bayer Leverkusen soll Schwarzgeld an Daum und Nowotny gezahlt haben

Von Erik Eggers

Köln. Die Vorwürfe trafen Bayer Leverkusen unvorbereitet. Meinolf Sprink, der Sportbeauftragte der Bayer AG, fuhr gerade aus dem Urlaub zurück nach Leverkusen. „Ich bin ein Unwissender“, sagte der sonst so souveräne Manager. Die „Süddeutsche Zeitung“ hatte er noch nicht gelesen. Man musste ihm erklären, worum es geht. Die Fußball-Abteilung von Bayer Leverkusen, das ist der Kernvorwurf und das Gemeinsame an den beiden einzelnen Fällen, soll seinen ehemaligen Trainer Christoph Daum und seinen aktuellen Spieler Jens Nowotny mit hohen Schwarzgeldern bezahlt haben. Das geht aus den Akten von Kölner Ermittlern hervor.

Der Fall Daum resultiert aus einer Klage seines ehemaligen Rechtsvertreters, des Hamburger Staranwalts Matthias Prinz, vor dem Hamburger Landgericht, die am 16. August erstmals verhandelt werden soll. Prinz fordert darin von Daum ein ausstehendes Anwaltshonorar in Höhe von 500 000 Mark; die Ansprüche begründet Prinz mit dem Arbeitsvertrag zwischen dem zukünftigen Bundestrainer Daum und dem Deutschen Fußball-Bund (DFB), den er im Sommer 2000 für seinen Mandanten Daum ausgearbeitet hatte. Laut Vertragsentwurf sollte Daum neun Millionen Mark pro Jahr als Bundestrainer vom DFB erhalten, jetzt pocht Prinz auf die Gebühren, die sich immer nach dem Streitwert berechnen.

Uneinigkeit herrscht nun darüber, wie die neun Millionen zustande gekommen sind. Der Gehalts-Poker war offenbar in die deutsche Fußball-Depression nach der EM 2000 gefallen. Alle favorisierten damals Daum. Doch Daum wollte, so heißt es jedenfalls in der Anklageschrift, nicht weniger verdienen als in Leverkusen, und sein alter Freund Gerhard Mayer-Vorfelder, der für den DFB die Geschäfte führte, habe Daum das auch zugestanden. Daum habe dann erklärt, wie die neun Millionen Gehalt zustande kamen. Demnach erhielt er „einerseits offizielle Zahlungen, die ordnungsgemäß versteuert würden. Außerdem erhalte er über Auslandskonten Schwarzgeld, das nicht versteuert würde.“ In der Addition hätten sich so neun Millionen brutto ergeben. Da es beim DFB keine Möglichkeit zur Schwarzgeldzahlungen gebe, sollte dieser Betrag dem neuen Vertrag zugrunde liegen. Als Zeugen für diesen Sachverhalt benennt Prinz den Hamburger PR-Berater Ludwig Karstens, der unter anderem Nationaltorwart Oliver Kahn vertritt.

Stimmt das so, dann wäre es Steuerhinterziehung im Fall von Daum und von Bayer Leverkusen. Sprink schließt das aus. „Ich bin fest davon überzeugt“, sagte er dem Tagesspiegel, „dass in unserer Fußball-Abteilung alles ordnungsgemäß abgewickelt wurde.“ In keiner Phase, versichert Sprink, „hat Daum diese Summe verdient, auch nicht inklusive Prämien“, die tatsächliche Summe sei von den behaupteten neun Millionen „exorbitant weit weg". Sprink kann sich „noch genau erinnern, dass Mayer-Vorfelder bei uns anrief, um sich nach dem Gehalt von Daum zu erkundigen". Aber wie sind dann die neun Millionen zustande gekommen? Sprink vermutet „eine Schusseligkeit von Daum“, der einfach zu hoch gepokert habe.

Daum und Prinz nahmen gestern persönlich zu der Angelegenheit nicht Stellung. Daum ließ seinen Anwalt Rolf Stankewitz für sich sprechen. „Die Behauptungen von Prinz zu den Schwarzgeldzahlungen sind nicht zutreffend“, sagt Stankewitz, „da gibt es nichts, und da gab es nichts.“ Seiner Ansicht nach hatte Prinz, um sein Honorar hochzutreiben, das Jahresgehalt Daums „mit vermeintlichen illegalen Zahlungen gestopft". Daum habe ihm versichert, der Vertrag mit dem DFB sei per Handschlag mit Mayer-Vorfelder perfekt gewesen.

Stankewitz wusste schon länger von den Aktivitäten seines prominenten Hamburger Kollegen. Im Sommer 2000 seien Prinz und Karstens zusammengekommen, so Stankewitz, „um Ideen für Daum zu entwickeln“, Ideen hinsichtlich einer groß angelegten Vermarktung Daums als Bundestrainer. Damals habe Daum, sagt Stankewitz, den „in der Fußballszene bekannten und erfahrenen Karstens“, noch nicht gekannt. Überhaupt findet Stankewitz es seltsam, dass die Gerichtssache Prinz gegen Daum gerade jetzt hochkocht, denn „die Dinge sind alt, das Verfahren läuft seit August 2001". Seiner Ansicht nach betätigt sich Prinz als Trittbrettfahrer, der die schwierige Situation Daums nach der Kokainaffäre ausnutzen wolle.

Der zweite Fall, mit dem sich die Leverkusener Fußball-Abteilung beschäftigen muss, betrifft den 1996 abgewickelten Transfer Jens Nowotnys vom Karlsruher SC nach Leverkusen. Damals soll der Klub, so steht es als Anfangsverdacht der Staatsanwaltschaft Köln im Raum, Schwarzgeld in Höhe von zehn Millionen Mark an Nowotny gezahlt haben, nach derzeitiger Aktenlage ist der größte Teil dieser Summe über Verwandte Nowotnys geflossen. Die Ermittlungen gegen Nowotny laufen laut Auskunft von Gerichtssprecherin Regine Appenrodt seit Februar, laut „Süddeutscher Zeitung“ rühren sie her aus einem Verfahren gegen Wolfgang Vöge. Der Spielervermittler hatte dem 1. FC Nürnberg 1993 und 1994 bei der Hinterziehung von Lohnsteuern geholfen und im Rahmen des Gerichtsverfahrens von hohen Handgeldern beim KSC berichtet.

Auch diesen Verdacht hält Bayer-Sportbeauftragter Sprink „für schlichtweg wahnsinnig“, so viel hätte Bayer Leverkusen „niemals für einen 22-Jährigen bezahlt“. Nach Vereinsangaben kostete Nowotny vier Millionen Mark. „Soweit ich weiß“, sagte Sprink gestern, „ist nichts darüber hinaus geflossen.“

Nowotny ließ von seinem Onkel und Berater Georg Bischoff eine Erklärung verbreiten, in der er sich gegen die Vorwürfe wehrt. „Sämtliche Einnahmen aus meinen Tätigkeiten sind rechtmäßig versteuert“, heißt es darin. Sowohl Nowotny als auch sein Arbeitgeber waren von dem Ermittlungsverfahren nach eigenen Angaben nicht unterrichtet.

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