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Peking 2008 - Schwimmen

© dpa

Zweites Gold für Phelps: Der magische Moment

Bei so vielen Goldmedaillen kann schon mal eine untergehen; acht sind es bisher bei zwei Olympischen Spielen, und die eine oder andere wird in der Erinnerung von Michael Phelps sicher ein bisschen an Glanz verlieren. Doch die, die er am Montag mit der 4 x 100-Meter-Freistilstaffel gewann, bestimmt nicht.

Wenn der amerikanische Schwimmer für jede seiner acht Goldmedaillen ein Attribut finden müsste, diese wäre wohl die aufwühlendste. Weil sie zwischendurch schon verloren war. Weil sie auf beinahe unglaubliche Weise wieder zurückgekommen ist. Und weil sie ihn kurz verwandelt hat.

Als ihm dieses Gold sicher war, folgte nicht ein Jubel aus Gewohnheit, es folgte ein Brüller, wie ihn Phelps noch nicht gezeigt hat, mit weit aufgerissenem Mund, mit ausgebreiteten Armen. Sonst wäre er seine Anspannung gar nicht losgeworden. Dabei hatte Phelps am Ende dieses Rennens nichts weiter zu diesem Gold beitragen können, als vom Beckenrand aus seine Kollegen im Wasser anzufeuern. Phelps war Startschwimmer der amerikanischen 4x100-Meter-Freistilstaffel. Er kam als Zweiter an, die Franzosen lagen vorne, aber am Ende gewannen die Amerikaner und mussten dafür schon Weltrekord schwimmen. Aber was für einen: 3:08,24 Minuten. 3,99 Sekunden schneller als die bisherige Bestmarke. Die hatten die US-Amerikaner einen Tag zuvor aufgestellt.

In diesem Rennen war Phelps tatsächlich ein Nebendarsteller. Der Mann dieses Rennens heißt Jason Lezak, kommt aus Kalifornien und hat mit seinen 32 Jahren schon etwas mehr erlebt als der 23 Jahre alte Phelps. Zum Beispiel die Vorgeschichte dieser Freistilstaffel. An ihr war Lezak maßgeblich beteiligt. „Wir haben so eine lange Tradition mit dieser Strecke, die wollten wir uns endlich zurückholen“, sagte Lezak. 1996 gab es noch Gold im eigenen Land, in Atlanta, doch seit Lezak dabei ist, ging die Tradition nicht weiter. Schon 2000 in Sydney war Lezak Schlussschwimmer. Er schlug als Zweiter an. In Athen vier Jahre später wurde es Bronze. Und diesmal in Peking, im Wasserwürfel vor 11 000 Zuschauern, schien es mit Gold wieder nicht zu klappen.

Inoffizieller Weltrekord von Schlussschwimmer Lezak

Phelps hatte stark begonnen, er blieb mit 47,51 Sekunden nur eine Hundertstelsekunde über dem Weltrekord des Franzosen Alain Bernard. Doch neben ihm schwamm der Australier Eeamon Sullivan einen neuen Weltrekord von 47,24 Sekunden. Dann kamen die Franzosen auf, von ihnen fühlten sich die Amerikaner provoziert. „Sie haben vor dem Rennen viel erzählt“, sagte Lezak, und auf dem Startblock, als er gegen Bernard schwimmen musste, schossen ihm nun viele Gedanken auf einmal durch den Kopf. „Du schwimmst jetzt gegen den, der bis gerade eben noch den Weltrekord gehalten hat. Wie soll das gehen?“ Diese Gedanken seien dann aber blitzschnell weggedrückt worden von anderen: „Du schwimmst hier für die USA. Wir sind ein Team, wir schaffen das.“

Bernard zog an Lezak vorbei und schien uneinholbar weg zu sein. Doch in Lezaks Kopf muss irgendetwas passiert sein, eine ungeahnte Kraftreserve wurde ausgelöst, und der Amerikaner wühlte sich noch auf Platz eins. Ein magischer Moment für die Amerikaner, wenn alles mit sauberen Mitteln zuging.

Lezak schwamm 46,06 Sekunden, das ist inoffiziell historischer Weltrekord, selbst wenn man die Startzeit hinzurechnet, die Lezak bei einem Einzelrennen gehabt hätte. „Jason war unglaublich“, sagte Phelps. Bei Lezak kann sich Phelps dafür bedanken, dass er noch die Chance hat, allein in Peking acht Goldmedaillen zu gewinnen. Auch wenn diese Leistung Lezak selbst Rätsel aufgab: „Ich weiß auch nicht, wie ich das geschafft habe, ich bin noch nie so schnell geschwommen, es war einfach irreal.“

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