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Brandenburg: Abschiebestreit: Schönbohm bleibt hart

Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) hat sich am Freitag in den Streit seines Stellvertreters und Innenministers Jörg Schönbohm (CDU) mit der evangelischen Kirche über die Asylpolitik eingeschaltet. Er führte ein ausführliches Telefongespräch mit Schönbohm, bei dem er dem Vernehmen nach seine Besorgnis über die jüngste Eskalation äußerte und ein Einlenken empfahl.

Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) hat sich am Freitag in den Streit seines Stellvertreters und Innenministers Jörg Schönbohm (CDU) mit der evangelischen Kirche über die Asylpolitik eingeschaltet. Er führte ein ausführliches Telefongespräch mit Schönbohm, bei dem er dem Vernehmen nach seine Besorgnis über die jüngste Eskalation äußerte und ein Einlenken empfahl. Am Abend fand ein Gespräch Schönbohms und weiterer märkischer CDU Politiker mit Bischof Wolfgang Huber und anderen Kirchenvertretern statt, das bei Redaktionsschluss noch andauerte. Nach Stolpes Telefonat mit Schönbohm sagte VizeRegierungssprecher Manfred Füger, der Ministerpräsident habe die Hoffnung, dass die "bestehenden Irritationen" ausgeräumt werden könnten.

In der Sache selbst, nämlich dem Streit um die drohende Abschiebung der vietnamesischen Familie Nguyen aus Dolgelin (Kreis Märkisch-Oderland), lässt Schönbohm bisher allerdings keine Kompromissbereitschaft erkennen. Stolpe ließ nach dem Gespräch mit Schönbohm wissen, es sei "beiderseitige Auffassung", dass noch Klärungsbedarf in den umstrittenen Asylfällen bestehe. SPD-Fraktionschef Gunter Fritsch wollte am Wochenende beim zuständigen Landrat sondieren, ob ein Kompromiss in letzter Minute möglich ist. Unterdessen hat Schönbohms Staatssekretär Eike Lancelle im Innenausschuss des Landtages die Einrichtung einer so genannten Härtefallkommission abgelehnt.

In der Koalition, auch innerhalb der CDU, stießen Schönbohms jüngste Attacken gegen das Engagement der Kirche in Asylfragen auf Kritik und Ablehnung. Schönbohm hatte sich ein Eingreifen der Kirche in Abschiebeverfahren verbeten und sie aufgefordert, sich um ihre "ureigensten Aufgaben" zu kümmern. Zugleich hatte er die zunehmende Politisierung der Kirche beklagt. SPD-Politiker meinten, er bediene damit letztlich die ausländerfeindliche Stimmung im Land. Die Forderung, die Kirche solle sich nicht einmischen, erinnere an DDR-Zeiten. Auch in CDU-Kreisen wurde die mangelnde Sensibilität Schönbohms beklagt: Er habe zwar Recht, was die rechtliche Seite angehe, dennoch sei seine Polemik gegen die Kirche unangemessen.

Schönbohms Ministeriums-Sprecher Heiko Homburg goss Freitag noch Öl aufs Feuer: In der "Berliner Zeitung" erklärte er, Recht und Gesetz müssten auch für vietnamesische Familien gelten, "die über Jahre vom Steuerzahler durchgefüttert" wurden. Eine solche Wortwahl stehe einer obersten Landesbehörde nicht zu, sagte SPD-Fraktionssprecher Ingo Decker. In der CDU hieß es, Homburgs Äußerungen seien "ärgerlich". "Völlig daneben", meinte ein Minister, "Brandenburgs ausländerfeindliches Image werde verfestigt". SPD-Politiker wiesen darauf hin, dass Schönbohm durch unsensibles Agieren Stolpes Engagement gegen Ausländerfeindlichkeit konterkariere.

Michael Mara

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