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Brandenburg: Auf getrennten Wegen

Soll ein neuer Versuch zur Länderfusion gewagt werden? Darüber hadern Brandenburgs Koalitionspartner

Potsdam - Zehn Jahre nach der gescheiterten Volksabstimmung am 5. Mai 1996 ist sich Brandenburgs rot-schwarzes Regierungsbündnis nicht einig, ob es 2009 einen neuen Versuch geben soll. Die CDU drängt auf einen neuen Anlauf zur Länderfusion. „Wir gewinnen nichts, wenn wir länger warten“, sagte Parteichef und Innenminister Jörg Schönbohm gestern. „Die Entscheidung sollte 2009 fallen. 2011 könnte der Zusammenschluss erfolgen.“

Ministerpräsident Matthias Platzeck und andere führende SPD-Politiker dagegen wollen sich nicht auf einen Termin für dieVolksabstimmung festlegen. Vor Unternehmern aus Berlin-Brandenburg erklärte Platzeck letzte Woche: „Ehe wir die Debatte über die Fusion neu beginnen, brauchen wir Klarheit über die finanziellen Rahmenbedingungen.“ Falls der Bund nicht beim Abbau des 60-Milliarden-Schuldenberges von Berlin helfe, „hilft uns auch kein gemeinsames Land“. Bei Fortbestehen der Finanzkrise Berlins werde es keine Mehrheit in Brandenburg für die Fusion geben.

Schönbohm widersprach gestern deutlich: „Wenn man es richtig vorbereitet, ist es zu machen.“ Auch CDU-Fraktionschef Thomas Lunacek warnte davor, sich „von aktuellen Stimmungslagen beeinflussen zu lassen“. 2009 sei ein realistisches Datum für die Volksabstimmung, wenn „wirklich gemeinsam an der Fusion gearbeitet wird“. Sein Parteifreund Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns kritisierte indirekt Platzecks Zaudern: Die Länderfusion sei eine politische Führungsaufgabe. „Und zur politischen Führung gehört auch das Setzen von Terminen“, sagte Junghanns. Er schlug vor, dass beide Länder nach der Abgeordnetenhauswahl im Herbst „gemeinsam einen strukturierten Fahrplan für die Fusion entwickeln“. Auch der Sprecher für die Zusammenarbeit beider Länder in der CDU-Fraktion, Andreas Apelt, mahnte, „nicht den Weg des geringsten Widerstandes zu gehen“.

Junghanns widersprach auch Platzecks Finanzargumenten: Die Fusion sei nicht ein Hemmnis, sondern ein Teil der Lösung der Finanznöte beider Länder: Ein gemeinsames Land wäre viel stärker und würde beim Bruttoinlandsprodukt an sechster Stelle in Deutschland stehen, es hätte mehr Einwohner als Dänemark oder Finnland. Auch Fraktionschef Lunacek warnte davor, Berlins Schulden als „Totschlagsargument“ zu benutzen: Weil bei einer Fusion viele doppelte Aufgaben wegfielen, könne der gemeinsame Landesetat saniert werden. Und da die Fusion auch im Interesse des Bundes liege, sollte dieser mögliche Hilfen für Berlin an ihre umsetzung koppeln, schlug Junghanns vor. Die Debatte ist für Platzeck delikat, weil Landtagspräsident Gunter Fritsch, er ist auch stellvertretender SPD-Landeschef, eine Abstimmung 2009 befürwortet und dafür eine Initiative Brandenburgs fordert: Für Brandenburgs Bürger müsse besser erkennbar werden, warum der Zusammenschluss vorteilhaft sei. SPD-Fraktionschef Günter Baaske dagegen bleibt auf Platzeck-Kurs: Die praktische Zusammenarbeit sei wichtiger als Zeitpläne. Allerdings glaubt Baaske, dass die Zustimmung zur Fusion in Brandenburg wächst.

Platzeck selbst äußerte sich gestern distanziert zu den Vorstößen der CDU und seines SPD-Stellvertreters: „Der 5. Mai 1996 hat mir gezeigt: Ein negatives Grundgefühl wird durch keine kurzfristige Kampagne geändert.“ Um die Brandenburger zu überzeugen, sei langfristiges Handeln erforderlich. Deshalb habe sich Brandenburg mit Berlin „zunächst für den Kurs maximaler Zusammenarbeit in unserer gemeinsamen Region entschieden“. Beide Länder hätten mittlerweile eine Zahl von Kooperationen und gemeinsamen Einrichtungen erreicht, die es nirgendwo anders in Deutschland gebe.

Michael Mara

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