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Brandenburg: „Berlin verschuldet sich schneller als Brandenburg“

Finanzminister Speer über die Finanzpolitik des Senats, die Proteste der Landesbeamten und den Streit ums Potsdamer Stadtschloss

Potsdam entscheidet heute erneut über den Wiederaufbau des Stadtschlosses für den Landtag. Was tun Sie, wenn der Bebauungsplan wieder durchfällt?

Es ist zu hoffen, dass diesmal eine Mehrheit zustande kommt. Wenn nicht, werde ich dem Landtag empfehlen, die Planungen für den Alten Markt abzubrechen. Dann könnte das jetzige Landtags-Gebäude auf dem Brauhausberg saniert und erweitert werden.

Wie kommt das Hickhack im Lande an?

Schlecht. Potsdam tut sich damit keinen Gefallen. Die Stadt überzieht, und das löst nur Kopfschütteln aus.

Es gibt bereits Verzögerungen?

Eigentlich sollten die Konsortien bis Februar ihre Entwürfe vorlegen, im Juli 2007 wollten wir den Zuschlag erteilen. Das ist nicht mehr zu halten. Auch bei der Freilegung des Schlossgrundrisses und der Verlegung der Straßenbahn gibt es Verzögerungen. Wenn das nicht aufgeholt wird, kann der Fertigstellungstermin Ende 2010 nicht eingehalten werden.

Brandenburg leistet sich einen neuen Landtag, aber den Beamten soll das Weihnachtsgeld gestrichen werden, obwohl in den nächsten beiden Jahren 360 Millionen mehr Steuern in die Landeskasse fließen.

Der Landtag braucht eine adäquate Unterkunft – das ist unstrittig. Was die Steuermehreinnahmen angeht, lösen sie nicht unsere Finanzprobleme. Sie führen nur dazu, dass wir weniger Schulden aufnehmen müssen. Das Land ist mit 17,6 Milliarden Euro verschuldet und jeder Euro, der hinzukommt, ist einer zu viel. Obwohl wir jedes Jahr immer noch einige hundert Millionen neue Schulden machen, haben wir in den Planungen für 2008 noch eine Deckungslücke von 450 Millionen Euro. Deshalb können wir uns das bisherige Weihnachtsgeld nicht mehr leisten.

Die Gewerkschaften kündigen Dienst nach Vorschrift an, die Polizei will weniger Knöllchen schreiben. Ist das legitim?

Erstens: Dienst nach den Vorschriften ist in Ordnung. Zweitens: Wenn die Gewerkschaften zu Aktionen aufrufen, die weniger Geld in die Kassen bringen, tun sie den Beschäftigten keinen Gefallen. Man sägt damit an dem Ast, auf dem man sitzt.

Sie haben dem Berliner Senat mangelnden Sparwillen vorgeworfen. Woran machen Sie das fest?

Zum Beispiel daran, dass Berlin die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften nicht verkaufen und kostenfreie Kitas einführen will. Letzteres führt nur dazu, dass man die Besserverdienenden entlastet. Es erscheint mir fraglich, dass man mehr Kinder aus bildungsfernen Schichten in die Kitas bekommt, denn diese zahlen durch sozial gestaffelte Beiträge schon jetzt nichts oder sehr wenig. Das ist Symbolpolitik, die haushaltspolitisch nicht zu vertreten ist. Brandenburg wird das nicht tun, obwohl durch die Berliner Entscheidung eine gewisse Erwartung geweckt wird.

Kann durch eine noch engere Kooperation beider Länder Geld gespart werden?

Ja. Wir reden seit Jahren über die Erweiterung der gemeinsamen Polizeiausbildung. Berlin hat Vorbehalte. Auch bei Laboren, der Fort- und Weiterbildung könnten beide sparen.

Berlin hält trotz des Karlsruher Urteils an der Fusion fest. Realitätsverweigerung?

Fest steht: Die Brandenburger sind in absehbarer Zeit für die Fusion nicht zu gewinnen. Berlin verschuldet sich deutlich schneller als Brandenburg, die Schere geht Tag für Tag weiter auseinander. 2005 hat Berlin 3,5 Milliarden neue Schulden gemacht, Brandenburg 554 Millionen Euro. Das sind 1035 und 220 Euro je Einwohner.

Sie machen sich derzeit nicht gerade viele Freunde. Die Gewerkschaften sind sauer, Berlin ist verärgert, von Landräten kommt Kritik, einer ist aus der SPD ausgetreten …

Wenn wir Brandenburg voranbringen wollen, dürfen wir uns nicht immer weiter verschulden, brauchen wir einen Mentalitätswechsel. Wir wollen nach 2010 keine neuen Schulden mehr machen. Natürlich führen die Konsequenzen zu Unzufriedenheit. Trotzdem muss man die Konflikte austragen. Es darf nicht zu einem Trittbrettfahrer-Syndrom führen: Das heißt, man droht mit Parteiaustritt, wenn man etwas durchsetzen will. Wenn das Politikstil wird, na danke!

Ein klaresWort zur Krise der CDU?

Sie ist kein Aushängeschild für die Landespolitik und nährt Vorurteile gegen die da oben und gegen die in Potsdam.

Wäre es für die SPD denkbar, mit einem CDU-Vorsitzenden Sven Petke die Koalition weiterzuführen?

Für mich ist das nicht denkbar.

Das Gespräch führten Michael Mara und Thorsten Metzner

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