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Brandenburg: Brandanschlag auf jüdischen Friedhof: Generalbundesanwalt schaltet sich ein

Vier Tage nach dem Brandanschlag auf den jüdischen Friedhof in Potsdam hat Generalbundesanwalt Kay Nehm die Ermittlungen übernommen. Er begründete seinen Schritt am Freitag mit der Schwere der Tat.

Von Frank Jansen

Vier Tage nach dem Brandanschlag auf den jüdischen Friedhof in Potsdam hat Generalbundesanwalt Kay Nehm die Ermittlungen übernommen. Er begründete seinen Schritt am Freitag mit der Schwere der Tat. Diese sei geeignet, "unter den in Deutschland lebenden jüdischen Mitbürgern ein Klima der Angst und Einschüchterung zu erzeugen" und bei ihnen den Eindruck entstehen zu lassen, sie könnten hier nicht sicher leben. Damit werde die innere Sicherheit der Bundesrepublik beeinträchtigt, heißt es in einer Mitteilung Nehms aus Karlsruhe.

Justizminister Kurt Schelter (CDU) hat die Übernahme der Ermittlungen durch Nehm begrüßt. Damit werde ein klares Zeichen gesetzt, "dass es dem Staat mit der Verfolgung solcher Anschläge bitterernst ist", ließ Schelter mitteilen. Der Generalbundesanwalt sende "ein richtiges Signal", denn schon "den ersten Ansätzen organisierten Terrors gegen einzelne Bevölkerungsgruppen und deren Einrichtungen muss mit aller Entschlossenheit und Härte begegnet werden".

Bei dem Anschlag am vergangenen Montag war die Trauerhalle des Friedhofs beschädigt worden. Zu der Tat hatte sich eine "Nationale Bewegung" bekannt, die zuvor schon 14 Straftaten begangen haben soll. Nach dem bisherigen Stand der Ermittlungen gibt es laut Generalbundesanwalt "keine zuverlässigen Anhaltspunkte" zu Struktur und Mitgliederzahl der "Nationalen Bewegung". Nehm untersucht nun, ob es sich um eine Vereinigung rechtsextremistischer Terroristen handelt.

Die Aktionen der "Nationalen Bewegung" zeigten nach Meinung des Generalbundesanwalts "eine erhebliche Eskalation der Gewalt". Nehm nennt zwei weitere Brandanschläge: In der Nacht zum 21. September 2000 wurde in Stahnsdorf ein türkischer Imbisswagen angezündet und völlig zerstört. Im Brandschutt fand die Polizei ein Bekennerschreiben der "Nationalen Bewegung". Am 28. Dezember ging in Trebbin ein türkischer Dönerstand in Flammen auf. Auf dem angebrannten Bekennerschreiben war noch " . . ale Bewegung" zu lesen.

Das Pamphlet, das nach dem Anschlag auf den jüdischen Friedhof gefunden wurde, lässt laut Nehm erkennen, "dass mit weiteren schweren Straftaten zu rechnen ist". Nach Informationen des Tagesspiegels ist in diesem Bekennerschreiben von einer jüdischen "Aussaugung des deutschen Volkskörpers" die Rede. Bei den Anschlägen auf die türkischen Imbisse wurde ein ähnliches Vokabular benutzt, das die Ermittler als eindeutig nationalsozialistisch bezeichnen. Dies ist offenbar ein Grund für die Annahme der Fahnder, dass die "Nationale Bewegung" eher nicht der Szene loser Skinhead-Cliquen zuzurechnen ist.

Trotz der Übernahme der Ermittlungen hat der Generalbundesanwalt zunächst darauf verzichtet, das Bundeskriminalamt einzuschalten. Das Landeskriminalamt und Experten des Polizeipräsidiums Potsdam sind weiterhin mit dem Fall betraut.

Seit 1999 haben Kay Nehm und die Bundesanwaltschaft bereits an drei Verfahren gegen rechtsextremistische Gewalttäter bis zur Verurteilung mitgewirkt. So schaltete sich der Generalbundesanwalt ein, als im August 1999 fünf Neonazis in Eggesin (Mecklenburg-Vorpommern) zwei Vietnamesen lebensgefährlich verletzten. Die Angeklagten wurden zu Haftstrafen zwischen vier und sechs Jahren verurteilt. Nach dem Brandanschlag auf die Synagoge in Erfurt im April 2000 zog Nehm die Ermittlungen erneut an sich. Die beiden Täter erhielten Haftstrafen von drei Jahren beziehungsweise zwei Jahren und drei Monaten. Im Juni rief der Mord an dem Mosambikaner Alberto Adriano den Generalbundesanwalt auf den Plan. Der Haupttäter wurde zu lebenslanger Haft verurteilt.

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