zum Hauptinhalt

Brandenburg: Der lange Schatten der Fördermittel-Affäre

Ein Streit aus der Ära Hildebrandt beschäftigt den neuen Sozialminister Baaske. Die Behörde will die Prozesskosten auf Mitarbeiter abwälzen

Von Michael Mara

Potsdam. Kaum im Amt, wird der neue Sozialminister Günter Baaske mit „Altlasten“ seiner Vorgänger konfrontiert: Die Fördermittel-Affäre, die Regine Hildebrandt, ihren damaligen Staatssekretär Detlef Affeld und rund 35 weitere Mitarbeiter des Ministeriums Mitte der 90er Jahre ins Visier der Staatsanwaltschaft brachte, ist noch immer nicht ausgestanden. Obwohl Affelt und andere Beteiligte freigesprochen und die Verfahren wegen Veruntreuung von Fördermitteln eingestellt wurden, sollen die Betroffenen auf Antwalts- und Prozesskosten sitzen bleiben.

„Das ist ungerecht. Das kann nicht so bleiben. Das Land muss diese Kosten übernehmen“, verlangt Klaus-Jürgen Szotowski, Vize-Personalrat des Ministeriums. Minister Baaske, der erst am Freitag von dem Problem erfuhr, sagte dem Tagesspiegel, er habe Verständnis für die Kollegen. Er suche nach einer Lösung, wie geholfen werden könne.

Nach Angaben von Szotowski hätten die Betroffenen nicht nur einen Eigenanteil von bis zu 25000 und 35000 Mark bereits aus eigener Tasche bezahlt. Nun sollten sie auch noch Darlehen in mehrfacher Höhe zurückzahlen. „Das übersteigt bei vielen die Möglichkeiten bei weitem." Nach Angaben von Minister Baaske sollen obendrein Leistungen, die den Betroffenen erstattet wurden, nachträglich versteuert werden.

Dass die Betroffenen dadurch stark belastet seien, bestätigt auch Baaske: „Die Verunsicherung im Ministerium, vor allem in der Gesundheitsabteilung ist groß.“ Viele seien „in die innere Emigration“ gegangen. Sie arbeiteten und entschieden nicht mehr selbstständig, sondern nur nach Weisung.

Die Situation verwundert nicht: Zwar wurden die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen eingestellt. doch folgten Disziplinarverfahren. Landgericht und Bundesgerichtshof hätten bestätigt, dass es „Haushaltsverstöße und einen objektiven Schaden für das Land gab“, sagt Oberstaatsanwalt Volker Ost, der damalige Chef-Ankläger. „Dass disziplinarische, rechtliche Konsequenzen gezogen werden, ist in solchen Fällen eigentlich die natürliche Folge.“ Tatsächlich wird den Betroffenen in den Disziplinarverfahren der Vorwurf der Fahrlässigkeit gemacht, konstatiert Szotowski. „Dabei haben sie nur das umgesetzt, was Regine Hildebrandt und Affeld wollten." Viele Mitarbeiter sind auch erbost, weil sie sich noch an die großzügige Praxis im „Fall Stolpe“ erinnern. Brandenburgs früherer Regierungschef hatte in einem selbst angestrengten Zivilprozess gegen den Berliner CDU-Politiker Uwe Lehmann-Brauns, der ihn öffentlich als „IM“ der Stasi tituliert hatte, aus der Landeskasse rund 120000 Mark Prozesskostenhilfe erhalten. Und zwar nicht als Darlehen, sondern als Zuschuss.

In der damals bundesweit beachteten Fördermittelaffäre hatte die Staatsanwaltschaft nach mehrjährigen Ermittlungen 1997 Anklage wegen des Verdachts der Untreue gegen Affeld und weitere Spitzenbeamte des Hildebrandt-Ministeriums erhoben, weil es bei der Förderung von Gesundheitseinrichtungen Verstöße gegen das Haushaltsrecht gegeben hatte. Um nicht ausgegebene Gelder in Millionenhöhe ins nächste Jahr zu retten, waren sie auf so genannten schwarzen Konten „geparkt“ worden.

Obwohl das Landgericht von einem Schaden in Höhe von zehn Millionen Mark ausging, sprach es die Angeklagten frei, weil ihnen kein Vorsatz nachzuweisen war und sie das Geld nicht zweckwidrig oder für persönliche Zwecke einsetzen wollten. Eine Revision der Staatsanwaltschaft wurde im Jahr 2000 vom Bundesgerichtshof verworfen.

Hildebrandts Nachfolger Alwin Ziel ließ das Problem offenbar schleifen: Personalrat Szotowski nannte es unverständlich, dass es erst jetzt, zwei Jahre nach Abschluss der Strafverfahren, angepackt werde. Die Mitarbeiter setzen jetzt auf den neuen Minister.

NAME

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false