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Brandenburg: Ein Fausthieb für den Zeugen der Anklage

Ein couragierter 15-jähriger Schüler hatte rechtsradikale Schläger angezeigt. Da wurde er wieder verprügelt

Von Sandra Dassler

Rathenow - Als Toni P. den Gerichtssaal verlässt, zieht er seine dunkle Wollmütze tief ins Gesicht. Es scheint, als ob der 15-Jährige Schutz sucht. Dabei hat sich der Schüler aus Premnitz im Gegensatz zu anderen nicht verkrochen, als ihn rechte Schläger immer wieder bedrohten, weil sie verhindern wollten, dass er vor Gericht gegen sie aussagte.

Am 7. April dieses Jahres kam der Junge aus der Schule, da hielt ein Auto vor ihm. Der Fahrer stieg aus und fragte: „Bist du der Toni P.?“ Als der Schüler bejahte, erhielt er einen heftigen Faustschlag ins Gesicht. Ihm wurde schwarz vor Augen, er sank zu Boden. Das Auto und den Schläger hat er sich trotzdem gemerkt und ihn nach anfänglichem Zögern angezeigt.

Gestern saß der 23-jährige Sandro B. auf der Anklagebank im Amtsgericht Rathenow. Er hat ziemlich kurze Haare, seine bullige Figur lässt ahnen, was ein Fausthieb von ihm anrichten kann. B. bestreitet, Toni P. geschlagen zu haben. Er ist einschlägig vorbestraft, die letzte Strafe wegen Körperverletzung wurde zur Bewährung ausgesetzt. B. bezeichnet sich selbst als Sympathisanten der rechten Szene. Die sei im Westhavelland besonders dumpf und brutal, sagt Kay Wendel vom Verein „Opferperspektive“. In den vergangenen Jahren hat es immer wieder Übergriffe auf „Linke“ gegeben. Meist schwiegen die Opfer aus Angst vor Rache.

Auch Toni P. hat Angst. So sehr, dass er nicht mehr in Premnitz, sondern bei einer Freundin im Umland wohnt. Seine Anwältin ist überzeugt, dass Sandro B. von seinen Gesinnungsgenossen den Auftrag erhielt, dem 15-Jährigen einen „Denkzettel“ zu verpassen, weil dieser mehrere Rechte anzeigte, die ihn im Januar dieses Jahres mehrmals zusammengeschlagen hatten. Sie waren aufgrund seiner Aussagen als Hauptzeuge vor wenigen Wochen in Rathenow verurteilt worden.

Das Gericht hielt Toni P. für glaubwürdig und verurteilte Sandro B. gestern wegen Körperverletzung zu neun Monaten Haft ohne Bewährung. Die Hintergründe des Faustschlags spielten keine Rolle. „Motive der Täter werden meist nur bei Tötungsdelikten berücksichtigt“, sagt Kay Wendel.

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