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Brandenburg: Eine neue Liga ist wie ein neues Leben

Lange haben sie gezittert, am Ende durften die Fans laut jubeln – der FC Energie Cottbus ist aufgestiegen

Cottbus – „Jetzt müssen wir nur noch Weltmeister werden“, sagt ein Mann. Die Umstehenden lachen, nicken und stimmen die Gesänge an, die schon seit 16.49 Uhr durch Cottbus tönen: „Oh wie ist das schön!“ und „Nie mehr 2.Liga!“ Vor der Stadthalle wogt ein rot-weißes Menschenmeer, das außer Rand und Band gerät, als die Fußballer des FC Energie gegen 19.45 Uhr endlich auf dem Vordach der Halle erscheinen. Der kleine Verein aus dem tiefsten Osten hat den Wiederaufstieg in die 1. Bundesliga geschafft.

Die Stadt hatte sich seit Tagen auf die Party vorbereitet. Überall klebten Aufstiegsplakate, viele hatten rot-weiße Fahnen gehisst. Vor dem großen Spiel wurden rote Tröten an den Stadionkassen verteilt, ein Radiosender drückte den Fußballfans eine blaue Pappkrone mit dem Aufdruck „Erste Liga!“ in die Hand. „Von Sonntag an wird Aufstieg ,ABC’ geschrieben“, hatte Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) gesagt. „ABC“, das sollte für Aachen stehen, für Bochum und natürlich für „C“ wie Cottbus. Drei frisch gebackene Erstligisten.

Der Ministerpräsident sollte Recht behalten – den Aufstieg erlebte er während der zweiten Halbzeit im ausverkauften Stadion der Freundschaft mit. Er war extra vom SPD-Bundesparteitag nach Cottbus gefahren. 3:1 gewann der FC Energie Cottbus gegen 1860 München und ist damit drei Jahre nach dem Abstieg wieder in die Bundesliga zurückgekehrt. „Bitte bleiben Sie auf ihren Plätzen!“, hatte der Stadionsprecher Minuten vor dem Abpfiff gebeten, als alle 22 440 Zuschauer schon standen und sangen. Nach nach dem Abpfiff gab es aber kein Halten mehr – die Fans rannten jubelnd auf das Spielfeld.

Die Stadt hingegen wirkte an diesem Sonntagnachmittag wie ausgestorben. Viele waren im Stadion oder vor dem Fernseher. Es wurde eine Zitterpartie – umso größer war der Jubel hinterher. Vielleicht lag es auch an der örtlichen Fleischerei, die in der Halbzeitpause eine zehn Meter lange Salami aufs Spielfeld brachte – wie schon 1997, als der Klub in die Zweite Liga aufstieg. Ein schöneres Geschenk als den Aufstieg in die 1. Bundesliga hätte der FC Energie seiner Stadt zum 850. Geburtstag auch nicht bereiten können. Der aus eigener Kraft bewältigte Aufstieg könnte sich in der von hoher Arbeitslosigkeit und Abwanderung gebeutelten Region zumindest auf Stimmung und Selbstbewusstsein der Menschen positiv auswirken. Außerdem sind damit größere finanzielle Zuwendungen durch Medienübertragungen und Sponsoren verbunden. Der Cottbuser Sparkassenchef Ulrich Lepsch, der auch Chef des Verwaltungsrats vom FC Energie ist, hatte bereits vor dem Spiel angekündigt, den Etat für Energie im Fall des Aufstiegs von 10 auf 20 Millionen Euro zu erhöhen. Lepsch war es auch, der mit einigen anderen Kreditgebern und Sponsoren letztlich dafür sorgte, dass Energie Cottbus überhaupt im Profifußball überlebte.

Jubel gab es spät in der Nacht noch in der Cottbuser Diskothek „CB“. „Wir machen die Nacht durch“, sagte Steffen Böhm vom Fanclub „Berliner Jungz“. Heute nun gibt es einen Empfang der Stadt für ihr Team – die Spieler tragen sich im Goldenen Buch ein. Ein, zwei Tage werden die Fans noch feiern, dann beginnt wieder der Alltag in Cottbus. Nur eben eine Liga höher.

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