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Brandenburg: Empörung über Versorgungsfall Harms PDS, CDU und Steuerzahlerbund kritisieren Zahlungen an Ex-Staatssekretär und fordern Aufklärung von Stolpe

Von Sandra Dassler, Michael Mara und Thorsten Metzner Potsdam. Die Versorgungs-Affäre um den früheren brandenburgischen Staatssekretär und sachsen-anhaltinischen Ex-Kultusminister Gerd Harms schlägt hohe Wellen: Politiker von SPD, CDU und PDS äußerten scharfe Kritik an einer Entscheidung der SPD-Alleinregierung von 1998, wonach das Land Brandenburg Harms für den Fall seines Ausscheidens aus der Regierung von Sachsen-Anhalt eine Rückkehr in den Landesdienst mit vollen Versorgungsleistungen garantierte.

Von Sandra Dassler, Michael Mara und Thorsten Metzner

Potsdam. Die Versorgungs-Affäre um den früheren brandenburgischen Staatssekretär und sachsen-anhaltinischen Ex-Kultusminister Gerd Harms schlägt hohe Wellen: Politiker von SPD, CDU und PDS äußerten scharfe Kritik an einer Entscheidung der SPD-Alleinregierung von 1998, wonach das Land Brandenburg Harms für den Fall seines Ausscheidens aus der Regierung von Sachsen-Anhalt eine Rückkehr in den Landesdienst mit vollen Versorgungsleistungen garantierte. Harms soll, wie die Staatskanzlei gestern bestätigte, im August in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden. Berechnungen, dass dem Land dadurch Kosten in Höhe von 370 000 Euro entstehen, wollte die Staatskanzlei gestern nicht bestätigen. Für Detlef Thiel, Sprecher des Finanzmisteriums in Magdeburg, das dem Ex-Minister (Grüne) Übergangsgeld zahlen müsste, steht fest, dass „es keine doppelte Zahlung geben wird“. Sachsen-Anhalt und Brandenburg würden derzeit über das Verfahren beraten.

Die PDS forderte Ministerpräsident Manfred Stolpe auf, am 13. Juni vor dem Landtag „lückenlos die Umstände, Beweggründe und Rechtsgrundlagen der damaligen Entscheidung und die nun daraus folgenden finanziellen Auswirkungen zu erläutern“. Die CDU verlangte von Finanzministerin Dagmar Ziegler (SPD), die Rechtmäßigkeit der damaligen Entscheidung zu prüfen und gegebenenfalls Zahlungen an Harms zu verhindern. Der SPD-Abgeordnete Christoph Schulze erklärte, Stolpe werde jetzt von „einer weiteren Fehlentscheidung“ aus der Zeit der SPD-Alleinregierung eingeholt. Die im Kabinettsbeschluss gegebene Begründung, Harms habe sich besondere Verdienste um den Aufbau des Brandenburger Schulsystems erworben, sei eine Fehleinschätzung.

Der CDU-Finanzexperte Thomas Lunacek sagte, auch an diesem Fall zeige sich die jahrelange Verschwendung von Steuergeldern. Die SPD habe so getan, als sei das Land ihr Privatbesitz. Mit der Versorgungspolitik für verdiente Mitstreiter müsse Schluss sein. PDS-Vize-Fraktionschef Heinz Vietze warf Stolpe vor, zunehmend Fingerspitzengefühl vermissen zu lassen. Die Vorsitzende des Bundes der Steuerzahler, Angela Mai, bezeichnete eine Sonderbehandlung von Harms zu Lasten der Landeskasse als „Unding“. Sie müsse, wenn möglich, korrigiert werden. „Das ist politisch sittenwidrig.“

Die PDS geht davon aus, dass es keine Rechtsgrundlage für die Entscheidung der Regierung gebe, Harms nach seinem Ausscheiden aus dem sachsen-anhaltinischen Ministeramt wieder als Staatssekretär in den Landesdienst aufzunehmen. Laut Landesbeamtengesetz sei ein Beamter aus dem Landesdienst zu entlassen, wenn er in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis bei einem anderen Dienstherren eintritt.

Aus dem bisher geheimgehaltenen Kabinettsbeschluss geht allerdings hervor, dass die SPD-Alleinregierung damals einen Trick anwandte: Sie versetzte Harms unmittelbar vor seiner Abberufung nach Magdeburg. Zuvor war in der Potsdamer Staatssekretärs-Konferenz keine Einigung über die Verfahrensweise zustande gekommen.

Einen ähnlichen Fall hat es vor eineinhalb Jahren in Niedersachsen gegeben. Dort war Gitta Trauernicht vor ihrer Ernennung zur SPD-Sozialministerin für einen Tag zur Staatssekretärin im Landwirtschaftsministerium bestellt worden. Diese Ernennung erfolgte mit dem Ziel, ihre in Hamburg erworbenen Versorgungsansprüche als politische Beamtin nach Niedersachsen hinüberzuretten. Aufgrund des öffentlichen Drucks musste Gitta Trauernicht um Entlassung aus dem ruhenden Beamtenverhältnis bitten.

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