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Brandenburg: Fahrlässige Tötung: Ärzte verurteilt

Klinikpsychiater gaben Raymond S. Freigang. Er brachte zwei Frauen um

Von Sandra Dassler

Potsdam - Das Potsdamer Landgericht hat zwei Ärzten eine Mitverantwortung an den Verbrechen des so genannten „Oma-Mörders von Berlin“ bescheinigt. Die 5. Strafkammer verurteilte den ehemaligen Chefarzt sowie einen Oberarzt der Landesklinik Brandenburg wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung zu neun Monaten Haft auf Bewährung. Beide Verurteilte werden Revision beantragen. Das sagten ihre Anwälte gestern dem Tagesspiegel. Ihrer Ansicht nach besteht kein kausaler Zusammenhang zwischen dem von den Ärzten genehmigten Freigang für den in der Landesklinik einsitzenden Raymond S. und den von ihm begangenen Morden.

Raymond S., der wegen Sexualstraftaten zu 17 Jahren Haft verurteilt worden war, hatte im Oktober 1998 einen von den Ärzten genehmigten Freigang ohne Aufsicht zur Flucht aus der Landesklinik benutzt. In den Berliner Stadtteilen Pankow, Prenzlauer Berg, Friedrichshain, Lichtenberg und Köpenick hatte er anschließend mehr als 70 Straftaten an alten Frauen begangen: hat sie beraubt, geschlagen und vergewaltigt.

Zwei Opfer starben. So hatte die 90-jährige Lisbeth B. dem Mann, der an ihrer Tür klingelte, vermutlich nur die Bitte um einen Zettel und Stift erfüllen wollen. Raymond S. schlug die alte Frau brutal zusammen, raubte ihr 300 Euro. Lisbeth B. starb im Krankenhaus. Andere Opfer überlebten die Attacken mit schweren Verletzungen.

S. wurde im Jahr 2000 zu lebenslanger Haft mit Sicherungsverwahrung verurteilt. Die beiden Ärzte waren bereits im Jahr 2002 wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung angeklagt worden. Damals sprach sie die 3.Strafkammer des Potsdamer Landgerichts frei. Die Richter begründeten das seinerzeit damit, dass S. das schlecht geschützte Klinikgebäude auch ohne Erlaubnis der Ärzte hätte verlassen können. Der Bundesgerichtshof hob dieses Urteil später auf.

Die 5. Strafkammer war nun der Ansicht, dass die Ärzte die Gefährlichkeit von Raymond S. kannten und selbst diagnostiziert hatten, dass der Schwerverbrecher therapieunfähig und -unwillig war. Wenn ein Patient aber nicht therapiefähig sei, dürfe er auch keinen Freigang erhalten, begründete die Vorsitzende Richterin Ulrike Phieler-Morbach den Schuldspruch.

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