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Brandenburg: Freispruch für Rechnungshof-Vize Landgericht kann keinen Betrug erkennen,

kritisiert aber die legere Abrechnungspraxis

Potsdam - Das Potsdamer Landgericht hat den Vizepräsidenten des Brandenburger Landesrechnungshofes Arnulf Hülsmann vom Vorwurf des Betruges bei Reisekostenabrechnungen freigesprochen.

Zugleich rügte der Vorsitzende Richter Heinz-Jörg Tiemann „wenig sorgfältigen“ und teilweise „fahrlässige“ Abrechnungen des zweithöchsten Brandenburger Rechnungsprüfers, die zudem erst durch legere Bewilligungspraxis am Hofe erleichtert wurden. „Fiktive Abrechnungen“ von Dienstreisen, bei denen nicht der reale Reiseverlauf angegeben wird, seien bei der Behörde „gängige Praxis“ gewesen, kritisierte Tiemann. Dies sei „unsäglich“ und „gefährlich“.

Der Freispruch für Hülsmann bedeutet eine Schlappe für die Generalstaatsanwaltschaft, aber auch eine schwere Niederlage für Rechnungshofpräsidentin Gisela von der Aue, die ihren Stellvertreter dort angezeigt hatte. Er soll, so ihr damaliger Vorwurf, bei rund 200 Dienstreisen die Abrechnungen manipuliert - und einen Schaden von 45 000 Euro verursacht haben. Strafrechtlich ist, zumindest nach dem jetzigen Urteil, davon nichts übrig geblieben. Allerdings geht Oberstaatsanwalt Helmut Lange von einer Revision der Generalstaatsanwaltschaft aus, so dass am Ende wohl der Bundesgerichtshof entscheiden wird.

Die Generalstaatsanwaltschaft hatte eine Geldstrafe von 30 000 Euro für Hülsmann gefordert, der wegen Betruges in 13 Fällen (möglicher Schaden: rund 4500 Euro) angeklagt war. Doch die wichtigsten Beweise – penibel archivierte private Tank- und Einkaufsquittungen Hülsmanns, nach denen er sich zu in seinen Abrechnungen angegeben Zeiten anderswo aufhielt - hielt das Gericht nicht für stichhaltig. Das Argument: Zeit- und Datumsangaben elektronischer Kassensysteme seien fehleranfällig.

Allerdings kritisierte das Gericht, dass Hülsmann bei einigen Abrechnungen objektiv falsche Angaben gemacht habe. Bei „einem Beamten in seiner Position“ sei „mehr Sorgfalt“ zu erwarten, so Richter Tiemann. So hatte Hülsmann laut Urteil für eine Dienstreise nach Frankfurt (Oder) doppelt kassiert, und in einem anderen Fall eine Reise von Düsseldorf nach Potsdam und zurück gar nicht angetreten, aber abgerechnet. Das Gericht nahm ihm das als Versehen ab – und konnte darin keinen vorsätzlichen Betrug erkennen. „Fahrlässiges und grob fahrlässiges Handeln ist für das Strafverfahren ohne Belang“, so Tiemann. „Fahrlässigen Betrug“ gebe es nicht. Diese Fragen seien im Disziplinarverfahren zu klären, dass derzeit ruht und erst nach einem rechtskräftigen Urteil weitergeführt wird. Unklar ist, ob und wann Hülsmann – der bei vollen Bezügen von rund 7000 Euro Brutto seit 2003 vom Dienst suspendiert ist – an seinen Arbeitsplatz zurückkehren kann.

Weder der Rechnungshof noch Hülsmann wollten das Urteil kommentieren. Verteidigerin Heide Sandkuhl ging mit Präsidentin von der Aue ins Gericht. „Ich bitte zu bedenken, was allein dieses Verfahren und die Ermittlungen im Rechnungshof gekostet haben?“ Auch am Hof selbst und im Landtag gibt es Stimmen, die diese Kritik teilen. Selbst das Gericht sieht Ansätze für überzogenes Vorgehen. Richter Tiemann sprach von „eigentümlichen“ Dingen. Er verwies auf Zeugenaussagen, wonach im Umfeld von der Aues von „unserem Prozess“ die Rede gewesen sei, den man „nicht verlieren“ dürfe. Es gehe hoffentlich nicht darum, so Tiemann, „nur genügend mit Dreck zu schmeißen, damit etwas hängen bleibt.“ Hülsmann gehe zumindest aus dem Strafverfahren, so der Richter, „weitgehend“ unbeschadet hervor.thm

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