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Brandenburg: Gutachter: Ausgang für Sexualtäter war fahrlässig

Freiheits- und Geldstrafe für Gefängnis-Psychiater gefordert

Potsdam. Seine Taktik ging fast immer auf. Um sich in das Vertrauen der alten Menschen einzuschleichen, gab sich der 39-Jährige freundlich, hilfsbereit und zuvorkommend. Doch wenn Raymond S. erst einmal im Flur seiner Opfer stand, fiel er über die Frauen her, schlug, trat und würgte sie. Zwei 90-Jährige überlebten den Angriff nicht. Doch Raymond S. täuschte offenbar auch die Ärzte der psychiatrischen Landesklinik Brandenburg/Havel. Weil sie dem Straftäter Ausgang genehmigten, müssen sich derzeit zwei leitende Mediziner der Klinik vor dem Landgericht Potsdam wegen fahrlässiger Tötung und Körperverletzung verantworten.

In seinem Plädoyer forderte der Ankläger am Montag für beide Ärzte ein Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung und je 10 000 Euro Geldbuße. Es handele sich um einen „Fall bewusster Fahrlässigkeit“. Das Maß der Pflichtverletzung sei zu hoch, um es nur mit einer Geldstrafe zu ahnden, sagte der Ankläger. Damit folgte er dem Urteil des Gutachters Alexander Böhle. Angesichts der Vorgeschichte von Raymond S. seien Vollzugslockerungen nicht nachvollziehbar, sagte Böhle. In den wenigen Tagen nach der Einweisung sei es nicht möglich gewesen, den Patienten gründlich zu untersuchen oder gar zu therapieren. Die Ärzte hätten wissen müssen, dass Raymond S. ständiger Überwachung bedarf.

Der damals 35-jährige S. war am 4. Oktober 1998 nach einem Tagesausgang nicht mehr in die Klinik zurückgekehrt. Er wurde erst ein knappes Jahr später festgenommen, in dem er nach eigenem Geständnis etwa 70 Straftaten begangen hatte. Im März 2000 verurteilte ihn das Kriminalgericht Moabit wegen zweifachen Mordes, sexueller Nötigung und Vergewaltigung zu lebenslanger Haft.

Die Ärzte wiesen die Vorwürfe zurück. Die Vollzugslockerung habe zur Therapie gehört. Ihre Verteidiger forderten Freispruch.

Das Urteil wird Freitag erwartet. kf

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