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Brandenburg: "Hetzjagd-Prozess": "Sie wollten Räuber und Gendarm spielen"

Sie waren ruhig gewesen, hatten nichts mitbekommen und haben sich kaum etwas vorzuwerfen - drei der elf Angeklagten im "Hetzjagd-Prozess" wurde gestern von ihren Verteidigern ein weitgehend positives Verhalten in der Tatnacht bescheinigt. Mit dem Tod des Algeriers Farid Guendoul alias Omar Ben Noui am frühen Morgen des 13.

Von Frank Jansen

Sie waren ruhig gewesen, hatten nichts mitbekommen und haben sich kaum etwas vorzuwerfen - drei der elf Angeklagten im "Hetzjagd-Prozess" wurde gestern von ihren Verteidigern ein weitgehend positives Verhalten in der Tatnacht bescheinigt. Mit dem Tod des Algeriers Farid Guendoul alias Omar Ben Noui am frühen Morgen des 13. Februar 1999 hatten demnach David B., Alexander B. und Jörg D. nichts zu tun. Die Anwälte forderten Freisprüche. Der Asylbewerber war in Guben auf der Flucht vor den jungen Rechten in eine Glastür gesprungen. Die dabei erlittenen Schnittverletzungen verursachten einen Verblutungsschock, dem Guendoul erlag. Davon war am dritten Tag der Plädoyers nur am Rande die Rede.

Der heute 18-jährige David B., der wie üblich in Skinhead-Montur erschien, war nach Ansicht seiner Pflichtverteidigerin Patricia Hahl "der ruhige Pol in der Gruppe" - aber auch "enthemmt durch Alkohol", wie Hahl später formulierte. Zunächst habe David B. sogar eine Auseinandersetzung zwischen Vietnamesen und einem Mitangeklagten geschlichtet. Hinterher sei ihr Mandant in den Wagen eines weiteren Angeklagten gestiegen. Laut Staatsanwaltschaft hatte die Clique mit drei Autos Jagd auf Ausländer gemacht. David B. habe aber als Mitläufer "keine Details wahrgenommen", sagte Hahl. Er könne sich auch nicht erinnern, ausländerfeindliche Parolen gerufen zu haben.

Die Tatvorwürfe der fahrlässigen Tötung und der gemeinschaftlich begangenen gefährlichen Körperverletzung - ein weiterer Algerier war in der Nacht geschlagen worden - versuchte Hahl wie andere Anwälte als unlogisch darzustellen. "Fahrlässig" bedeute, dass ein Täter den Erfolg seiner Handlungen nicht will, während der Begriff "gemeinschaftlich" einen Tatbeschluss und "arbeitsteiliges Vorgehen" voraussetze.

Alexander B. (21), den die Staatsanwaltschaft für einen der Rädelsführer hält, erschien kurzgeschoren. Auf einem Ärmel seines schwarzen Kapuzenshirts stand "Valhalla". Verteidiger Uwe Hartung betonte aber, B. habe einem Gutachter berichtet, er könne Glatzen und ihre Kleidung nicht leiden. Er wehre sich dagegen, B. Rassismus zu unterstellen. Dass sein Mandant "Hass, Hass, Hass" gerufen habe, sei "noch kein Angriff auf die Menschenwürde". Die Steinwürfe seines Mandanten gegen ein vietnamesisches Lokal seien nur mit dem "erheblichen alkoholischen Einfluss" zu erklären. Den Angriff auf eine Deutsche, die mit Dosenbier überschüttet wurde, betrachte B. als "Dumme-Jungen-Streich". Zur Ahndung von Sachbeschädigung und Beleidigung empfahl Hartung eine "Auflage", ansonsten Freispruch.

Die Angeklagten hätten "Räuber und Gendarm" spielen wollen, sagte Anwalt Olaf Klemke, der Jörg D. (20) vertritt. Dieser sei aber nur mitgefahren und habe "völlig neutrale, sozial adäquate Verhaltensweisen" gezeigt. Der Co-Verteidiger von D., Daniel Amelung, ging in seinem Plädoyer auf die Tat gar nicht ein. Dafür kritisierte er lautstark die Anwältinnen der Nebenklage und die Prozessberichte im Tagesspiegel.

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