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Brandenburg: Hilferuf der Bürgermeister aus dem finanziellen Abgrund Oberhäupter der kreisfreien Städte fordern ein neues Gesetz, um den drohenden Kollaps ihrer Kommunen zu verhindern

Potsdam. Die vier großen Städte Brandenburgs sind finanziell am Ende.

Potsdam. Die vier großen Städte Brandenburgs sind finanziell am Ende. „Wir können unsere Aufgaben nicht mehr erfüllen, wir schaffen es nicht mehr“, erklärten gestern übereinstimmend die Oberbürgermeister von Potsdam, Frankfurt (Oder), Cottbus und Brandenburg (Havel). In einem gemeinsamen Schreiben an Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) forderten sie schnelle Hilfe. Das überfällige Finanzausgleichsgesetz, das die Beziehungen zwischen Land und Kommunen neu regelt, müsse bis zur Sommerpause und damit vor der Landtagswahl im September verabschiedet werden. Es sieht Entlastungen für die Kommunen von jährlich insgesamt 325 Millionen Euro vor – „Mindestverbesserungen“, wie der Städte- und Gemeindebund betont.

Doch der von Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) vorgelegte Gesetzentwurf ist in der Koalition umstritten. Die SPD moniert „Konstruktionsschwächen“. Die Oberbürgermeister sowie der Städte- und Gemeindebund warnten, den Koalitionsstreit auf dem Rücken der Kommunen auszutragen. Das Wasser „steht uns bis zum Hals“, so der Frankfurter Oberbürgermeister Martin Patzelt. Selbst Pflichtaufgaben könnten nur noch über Kredite finanziert werden, was dem Grundgesetz widerspreche. „Wir sind nicht mehr in der Lage, uns selbst zu verwalten“, klagte Patzelt. Der Leistungsverlust für die Bürger nehme immer dramatischere Formen an; Straßen könnten nicht mehr repariert, Schulen nicht mehr renoviert und Kulturprojekte nicht länger gefördert werden.

„Selbst wenn wir alle freiwilligen Leistungen streichen würden, könnten die Defizite nicht ausgeglichen werden, wären wir in einer aussichtslosen Situation“, ergänzte die Cottbuser Oberbürgermeisterin Karin Rätzel. Ihre Kollegin Dietlind Tiemann aus Brandenburg (Havel) beschrieb die Lage so: „Wir können keine Fördermittel mehr in Anspruch nehmen, weil der erforderliche Eigenanteil nicht aufgebracht werden kann.“ Potsdams Stadtoberhaupt Jann Jakobs sagte, „dass eine ordnungsgemäße Haushaltsaufstellung nicht mehr möglich ist“. Potsdam müsse seine Kassenkredite auf 66 Millionen Euro erhöhen. Deshalb würden die Zinslasten in diesem Jahr erstmals die Millionen-Grenze überschreiten. Die Bürger würden das Desaster in allen Bereichen spüren.

Nach Angaben der Oberbürgermeister sind die Defizite in den vier Städten trotz vieler Sparmaßnahmen auf zusammen 160 Millionen Euro gewachsen: Brandenburg führt die Liste mit 60 Millionen Euro an, gefolgt von Cottbus mit 47,7 Millionen, Frankfurt mit 22 und Potsdam mit knapp 30 Millionen Euro. Die Kommunen könnten kaum noch Investitionen auslösen, beklagten die Oberbürgermeister. Die vom Land zugewiesenen Investitionspauschalen seien auf je 5,7 Millionen Euro in Brandenburg und Frankfurt, 9,1 Millionen Euro in Cottbus und 11,9 Millionen Euro in Potsdam zurückgegangen. Dies werde zu einer zunehmenden Verschlechterung der kommunalen Infrastruktur und zu höheren Arbeitslosenzahlen führen.

Vor diesem Hintergrund will der Städte- und Gemeindebund den Druck auf Regierung und Koalition erhöhen, um schnelle Entlastungen zu erreichen. Bestrebungen, das Gesetz bis nach den Landtagswahlen zu verschleppen, werde man nicht hinnehmen. Das Kabinett will sich am 16. März mit dem Finanzausgleichsgesetz befassen.

Michael Mara

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