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Brandenburg: Koalitionsstreit um mögliche neunjährige Einheitsschule SPD-Fraktion will Einführung prüfen lassen / CDU: „Das ist mit uns nicht zu machen“

Von Thorsten Metzner Potsdam. In Brandenburgs Großer Koalition ist neuer Streit um die Bildungsreform und die Konsequenzen aus der PISA-Studie entbrannt.

Von Thorsten Metzner

Potsdam. In Brandenburgs Großer Koalition ist neuer Streit um die Bildungsreform und die Konsequenzen aus der PISA-Studie entbrannt. Auslöser ist ein überraschender Vorstoß der SPD-Landtagsfraktion, die Einführung einer neunjährigen Einheitsschule in Brandenburg prüfen zu lassen. Zugleich will die SPD die Ganztagsschulen ausbauen und die gerade eingeführten Schnellläuferklassen zum Abitur, mit denen erstmals in Brandenburg bereits nach der 4. Klasse ein Wechsel aufs Gymnasium möglich ist, wieder in Frage stellen.

Die CDU reagierte empört: „Das ist mit der CDU nicht zu machen“, sagte CDU-Fraktionschefin Beate Blechinger. „Der Schock der SPD über das jüngste Politbarometer sitzt offenbar so tief, das sie in Aktionismus verfällt.“ In der jüngsten Umfrage war die SPD in der Wählergunst der Brandenburger auf 35 Prozent gesackt, während die CDU auf 30 Prozent aufschloss.

Das brisante Bildungspapier, auf dessen Grundlage bis Herbst 2002 - rechtzeitig für die Haushaltsberatungen - ein neues bildungspolitisches Reformkonzept der SPD erarbeitet werden soll, ist auf der jüngsten SPD-Fraktionsklausur in Großdölln einstimmig beschlossen worden. Darin spricht sich die SPD für die „Weiterentwicklung der mindestens sechsjährigen gemeinsamen Schulzeit“ aus: Es müsse geprüft werden, ob eine neunjährige gemeinsame Schulzeit umgesetzt werden kann, wobei zugleich eine differenzierte Begabtenförderung angestrebt wird. Die PISA-Studie belege, dass eine frühzeitige Trennung von stärkeren und schwächeren Schülern nicht zu besseren Lernergebnissen führe, erläuterte Ingrid Siebke, bildungspolitische Sprecherin der SPD, den Beschluss. Dies bestätige auch die Zweifel der SPD am Sinn der Schnellläuferklassen.

Bislang gibt es in Brandenburg - das Land ist damit eine Ausnahme in der Bundesrepublik - eine als Flaggschiff sozialdemokratischer Bildungspolitik geltende, sechsjährige Grundschule. Auf Druck der CDU - aber auch der Eltern und der Wirtschaft - und gegen heftigen Widerstand der SPD waren nach Bildung der Großen Koalition die sogenannten Schnellläuferklassen eingeführt worden, mit denen leistungsstärkere Kinder bereits nach der vierten Klasse aufs Gymnasium und Gesamtschulen mit gymnasialer Oberstufe wechseln können. Um so empörter reagiert die CDU auf den Versuch, die sechsjährige Grundschule quasi zu einer Einheitsschule bis zur 9. Klasse auszubauen und die Schnellläuferklassen infrage zu stellen . „Der Koalitionsvertrag gilt“, betonte Blechinger. Dies würde gegen den Elternwillen verstoßen und den Schülern Wahlmöglichkeiten rauben, sagte CDU-Generalsekretär Thomas Lunacek. Die SPD sei damit fast wieder bei der zehnklassigen Polytechnischen Oberschule der DDR angelangt. „Nach dem Schritt nach vorn macht die SPD jetzt zwei zurück“, so Lunacek. Er äußerte sich verwundert, dass die SPD nicht einmal die Länderergebnisse der PISA-Studie abgewartet habe, die am 1. Juli 2002 vorgelegt werden sollen.

Zurückhaltend reagierte hingegen das von Minister Steffen Reiche (SPD) geführte Bildungsministerium. Sprecher Martin Gorholt betonte, dass „eine neunjährige gemeinsame Schulzeit“ sicher „kein aktuelles Anliegen“ sei. Bei den Schnelläuferklassen gelte der Koalitionsvertrag, der ihre Einrichtung vorschreibt.

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