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Brandenburg: Mordversuch: Sechs Jahre Haft für Neonazi

27-Jähriger warf brennende Flaschen auf türkisches Bistro

Von Frank Jansen

Neuruppin. Das Landgericht Neuruppin hat den Brandanschlag eines Neonazis auf einen türkischen Imbiss mit einer sechsjährigen Haftstrafe geahndet. Die Schwurgerichtskammer verurteilte den ehemaligen Anführer der verbotenen „Kameradschaft Oberhavel“, Karsten G. wegen versuchten Mordes, versuchter schwerer Brandstiftung und Verstoßes gegen das Waffengesetz. Der 27 Jahre alte Rechtsextremist hatte am 3. September 2003 in Hennigsdorf zwei lodernde Brandflaschen auf das Lokal „Schallallalla“ geworfen. Die sechs Türken und Deutsche, die sich im Bistro aufhielten, entgingen knapp einer Katastrophe: Tür und Fenster waren doppelverglast. Die äußeren Scheiben wurden beschädigt, die inneren hielten stand. Der Angeklagte habe aus Rache und Ausländerfeindlichkeit gehandelt, sagte der Vorsitzende Richter Gert Wegner. „Die Antriebe zur Tat stehen auf niedrigster Stufe.“

Karsten G. war am Nachmittag des Tattages mit dem türkischen Betreiber des Bistros aneinander geraten. Dieser hatte zwei Freunde des Neonazis wegen Beleidigung angezeigt. Der Türke, ein früherer Geheimdienstmann, konnte G. überwältigen. Bevor die Polizei kam, drohte der Neonazi, Türken würden getötet und „wir fackeln hier“. Am Abend kam G. mit den Bierflaschen voll Benzin. Geistesgegenwärtig hielt ein Angestellter die Lokaltür zu. Da G. sie nicht aufreißen konnte, warf er die Flaschen gegen die Scheiben und rannte weg. Er stellte sich aber am 6. September. Tags zuvor hatte die Polizei ein Telefonat abgehört, in dem G. sagte, er habe „stümperhafte Arbeit abgeliefert“ und bereue, „dass det Ding nicht abgebrannt ist“.

Der kurzgeschorene G. folgte dem gestrigen Urteilsspruch ohne größere Regung – im Gegensatz zu seinen zumeist kahlköpfigen Kumpanen im Publikum. Ein Skinhead pöbelte den Richter an und musste seine Personalien angeben. Der Verteidiger von G., Peter Stöckicht, will das Urteil per Revision anfechten. Stöckicht, einst Landtagsabgeordneter der NPD in Baden-Württemberg, hatte in seinem Plädoyer behauptet, bei der versuchten Brandstiftung „konnte keinem Menschen etwas passieren“. Die Staatsanwältin forderte hingegen acht Jahre Haft.

In Brandenburg wurden in den letzten Monaten mehrere Brandanschläge auf ausländische Imbisse verübt, zuletzt in der Nacht zu Freitag in Brück. Der Verein Opferperspektive hat von November bis Ende Januar acht Angriffe auf Bistros gezählt, die von Migranten betrieben werden.

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