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Brandenburg: "Oder-Valley": Spektakuläres Projekt mit Risiken

Die Risiken aus dem spektakulären Chipfabrik-Projekt in Frankfurt (Oder) sind nach Tagesspiegel-Informationen größer als bisher bekannt. Informierte Wirtschaftskreise verweisen darauf, dass das Gesamtprojekt bisher "nicht voll durchfinanziert" sei und es "noch eine Reihe Unwägbarkeiten" gebe.

Die Risiken aus dem spektakulären Chipfabrik-Projekt in Frankfurt (Oder) sind nach Tagesspiegel-Informationen größer als bisher bekannt. Informierte Wirtschaftskreise verweisen darauf, dass das Gesamtprojekt bisher "nicht voll durchfinanziert" sei und es "noch eine Reihe Unwägbarkeiten" gebe. Abgesehen davon, dass Bund und Land bis zu einer Milliarde Mark Fördermittel bereitstellen müssen, könnten auch Landesbürgschaften notwendig werden. Auch aus der Beteiligung des Frankfurter Instituts für Halbleiterphysik (IHP), das zur Leibniz-Gesellschaft gehört und je zu 50 Prozent von Bund und Land finanziert wird, könnten sich nach diesen Informationen Risiken ergeben.

Das wäre vor allem dann der Fall, wenn das Institut wegen seiner Beteiligung an der neugegründeten "Communicant Semiconductor Technologies AG" (Communicant) den Status der Gemeinnützigkeit verlieren sollte und EU-Fördermittel in Höhe von 96 Millionen Mark zurückzahlen müsste. Bei einem Scheitern des Projektes könnte das IHP, dass seine neue Chiptechnlogie in das Projekt einbringt, sogar in existienzielle Schwierigkeiten kommen. Nach Tagesspiegel-Informationen hat die Landesregierung deshalb garantiert, dass "eventuelle finanzielle oder rechtliche Folgen für die IHP-GmbH vom Land getragen" würden. Das Wirtschaftsministerium erklärte gestern auf Anfrage, dass man auf der Grundlage von zwei Rechtsgutachten die Gemeinnützigkeit von IHP nicht als gefährdet ansehe. Doch steht die Entscheidung des zuständigen Finanzamtes noch aus.

Auch Ministerpräsident Manfred Stolpe hatte am Mittwoch keinen Hehl daraus gemacht, dass "intensive Nacharbeit" notwendig sei und "schwierige Fragen" gelöst werden müssten. Das Hauptproblem ist offenbar, dass noch Gesellschafter für das neue Unternehmen gesucht werden. Nach jetzigem Stand beteiligen sich der weltgrößte Chiphersteller Intel mit 20, das Emirat Dubai mit 30 und das Frankfurter IHP mit 10 Prozent an der neuen Communicant AG, die die Chipfabrik betreiben wird. Im Laufe des Jahres sollen noch weitere Gesellschafter mit einem Anteil von zusammen 31 Prozent hinzukommen. Die Verhandlungen sollen vor dem Abschluss stehen. Völlig offen ist nach dem derzeitigen Finanzierungsplan noch eine Einlage von 150 Millionen Dollar, was einem Anteil von neun Prozent entspricht.

Sollten sich dafür keine weiteren Gesellschafter finden, müsste ein Betrag von 860 Millionen Dollar durch öffentliche Förderung und Bankendarlehen aufgebracht werden. Anderenfalls wären es nur 710 Millionen Dollar. Da der zulässige Beihilfesatz nach den EU-Rahmenbedingungen derzeit 35 Prozent der Investitionssumme beträgt, könnte die öffentliche Förderung maximal 525 Millionen Dollar betragen. Das bedeutet, dass mindestens weitere 185 Millionen Dollar über Bankendarlehen aufgebracht werden müssten. Vorgesehen ist, dass ein Bankenkonsortium diesen Betrag durch Auflage eines entsprechenden Fonds absichert. Schwieriger ist es, wenn keine weiteren Gesellschafter gefunden werden und statt 185 Millionen Dollar 335 Millionen Dollar Darlehen benötigt werden. Wirtschaftsminister Fürniß soll im Kabinett eine Landesbürgschaft nicht ausgeschlossen haben, obwohl er versuchen will, die nötigen Darlehen ohne Inanspruchnahme einer Bund-Länderbürgschaft zu akquirieren. Auch bei einem geringeren Fördersatz von lediglich 25 Prozent (375 Millionen Dollar) wären nach den Vertragspapieren weitere 125 Millionen Dollar durch alternative öffentliche Finanzierungshilfen (Bürgschaften für entsprechend höhere Bankendarlehen oder sogar eine Landesbeteiligung) aufzubringen.

Weitere Unwägbarkeiten bestehen dem Vernehmen nach für den Fall, dass die Gesamtfinanzierung bis zum 30. September nicht gesichert werden kann: Intel könnte dann aus dem Projekt aussteigen, die Communicant AG verlöre ihre Lizenzen und könnte die Produktion nicht aufnehmen. Im Wirtschaftsministerium hieß es, Nichterfüllungs-Klauseln seien üblich. Man sei aber sicher, dass sich in den nächsten Monaten weitere Gesellschafter für das einzigartige Innovations-Projekt fänden und die Gesamtfinanzierung bis Ende September gesichert werden könne. Im Kabinett hatte Wirtschaftsminister Fürniß darauf hingewiesen, dass die positiven Effekte für den Arbeitsmarkt die Risiken aufwögen.

Michael Mara

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