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Brandenburg: „Sag mir endlich, wo Dennis ist!“

Prozess um den toten Jungen in der Tiefkühltruhe: Zeugen hörten dessen Vater mit der Mutter streiten

Von Sandra Dassler

Cottbus – „Wenn er betrunken war, brüllte er seine Frau immer an, sie solle ihm endlich sagen, wo Dennis ist, und was sie mit ihm gemacht habe.“ Solche und ähnliche Zeugenaussagen ließen gestern vor dem Cottbuser Landgericht vermuten, dass Falk B. doch erhebliche Zweifel daran hatte, dass sich sein Sohn in einem Krankenhaus befand, wie es seine Frau behauptete. Der 38-Jährige muss sich derzeit mit dieser, der sechs Jahre älteren Angelika B., wegen Totschlags und Misshandlung Schutzbefohlener vor Gericht verantworten. Wie berichtet, wirft die Staatsanwaltschaft den Eltern vor, Dennis so lange misshandelt und vernachlässigt zu haben, bis er 2001 im Alter von sechs Jahren an Auszehrung starb. Danach erzählte Angelika B. ihrem Mann, ihren anderen Kindern und Bekannten und Behörden, Dennis sei wegen einer Zuckerkrankheit in einem Berliner Krankenhaus. Zweieinhalb Jahre lang fiel das Verschwinden des Jungen niemandem auf, erst im Juni 2004 entdeckten Polizisten die stark verweste Leiche des Kindes in der Tiefkühltruhe der elterlichen Wohnung.

Diese „Truhe“ stand gestern im Cottbuser Gerichtssaal – 86 Zentimeter hoch, je 52 Zentimeter breit und tief. Nicht größer also als ein kleiner Kühlschrank – nahezu unvorstellbar wie der Körper eines Sechsjährigen darin Platz gefunden hat. Die Staatsanwaltschaft konnte es im Zug der Beweisaufnahme weder dem Gericht noch den Zuschauern ersparen, dass der teilweise mit bunten Abziehbildchen beklebte Tiefkühlschrank geöffnet wurde. Danach musste der Vorsitzende Richter die Verhandlung zum Lüften unterbrechen – so stark war der immer noch ausströmende Verwesungsgeruch.

Da sich die meisten Zeugen nicht mehr genau daran erinnern konnten, wann sie Dennis das letzte Mal gesehen haben, muss das Gericht wohl den Aussagen der Mutter glauben, die behauptet, dass Dennis kurz vor Weihnachten 2001 starb. Die Staatsanwaltschaft geht in ihrer Anklage davon aus, dass der Junge bereits im Frühsommer 2001 tot war. Die Verteidiger beriefen sich gestern hingegen auf einen privaten Videofilm, der angeblich am 40.Geburtstag seiner Mutter im Juni 2001 entstand und Dennis noch lebend zeigt.

Während die angeklagten Eltern wie bereits an den zwei vergangenen Verhandlungstagen den Prozess relativ ruhig verfolgten, fiel der 66-jährigen Ilse B. der Gang vor das Gericht nicht nur wegen ihrer Gehbehinderung unendlich schwer. Die Großmutter von Dennis hatte – wie mehrere Zeugen bestätigten – ihren Sohn und ihre Schwiegertochter immer wieder aufgefordert, mit Dennis zum Arzt zu gehen, als dieser immer dünner wurde. Sie war es auch, die immer wieder nachfragte, ob man den Jungen nicht einmal im Krankenhaus besuchen könne. Wegen ihrer Aussagen vor einem Vernehmungsrichter haben Falk und Angelika B. den Kontakt zu ihr inzwischen abgebrochen. Vor Gericht verweigerte Ilse B. gestern die Aussage: Sie verkrafte es einfach nicht mehr, über das furchtbare Geschehen zu sprechen.

Der Prozess wird heute fortgesetzt.

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