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Brandenburg: Schelter unter Druck: Richter über Justizminister empört

CDU-Justizminister Kurt Schelter gerät massiv unter Druck: Die Landesvertreterversammlung des Deutschen Richterbundes sowie der Gesamtrichterrat des Landes machen ihn für einen "unzulässigen Eingriff" seines Ministeriums in die richterliche Unabhängigkeit verantwortlich. In einem offenen Brief forderte der Richterbund Schelter auf, sich vom Vorgehen seines Hauses gegen eine Neuruppiner Richterin zu distanzieren.

CDU-Justizminister Kurt Schelter gerät massiv unter Druck: Die Landesvertreterversammlung des Deutschen Richterbundes sowie der Gesamtrichterrat des Landes machen ihn für einen "unzulässigen Eingriff" seines Ministeriums in die richterliche Unabhängigkeit verantwortlich. In einem offenen Brief forderte der Richterbund Schelter auf, sich vom Vorgehen seines Hauses gegen eine Neuruppiner Richterin zu distanzieren. Schelter lehnte dies strikt ab und warf dem Richterbund seinerseits vor, ihn und seine Mitarbeiter aus "verbandspolitischen und persönlichen Motiven" in Misskredit bringen zu wollen.

Der Vorsitzende des Richterbundes, Wolf Kahl, verwahrte sich am Freitag gegen diese Unterstellung und forderte Schelter auf, sie zu belegen. Es sei unter diesen Umständen kaum möglich, mit dem Minister zusammenzuarbeiten. Inzwischen hat die PDS "wegen der schwerwiegenden Vorwürfe gegen Schelter" für kommende Woche eine Sondersitzung des Rechtsausschusses beantragt.

Der umstrittene Vorfall spielte sich bereits am 15. Juli ab. Er hat, was ihn besonders brisant macht, eine politische Dimension: Denn offenbar versuchte der ehemalige Berliner Kultur-Staatssekretär und heutige Anwalt Lutz von Pufendorf, der als einflussreiche Berliner CDU-Größe gilt, über christdemokratische Drähte einen Mandanten aus der Haft zu bekommen: den schillernden Pächter des Schlosses Schwante, Ex-Konsul von Grenada - Ronald Bauermeister. Er war aufgrund mehrerer Haftbefehle des Amtsgerichtes Oranienburg verhaftet worden, weil er Gläubigern die gesetzlich vorgeschriebene eidesstaatliche Erklärung über seine Vermögensverhältnisse verweigert hatte.

Wie aus einer von Schelter vorgelegten Chronologie hervorgeht, bat Pufendorf am 15. Juli, einem Sonnabend, kurz vor 14 Uhr, zunächst Innenminister Jörg Schönbohm telefonisch um Hilfe. Beide sind dem Vernehmen nach aus gemeinsamen Berliner Senatszeiten gut bekannt. Nach der Ministeriums-Chronologie teilte Schönbohm Pufendorf die Telefonnummer von Schelter mit, worauf dieser den Minister in seinem Privathaus am Starnberger See anrief. Schelter beauftragte umgehend seinen Büroleiter Ulrich Herrmann, "der Sache nachzugehen". Herrmann telefonierte, so die Darstellung des Ministeriums, zunächst mit Pufendorf und rief dann beim Amtsgericht Neuruppin an, um den "Eildienst" zum Tätigwerden zu veranlassen. Für den Richterbund ein "ungewöhnlicher Vorgang", da dort "noch nicht einmal ein schriftlicher" Antrag des Anwaltes vorlag. Die Neuruppiner Richterin habe den Sachverhalt dennoch geprüft und festgestellt, dass das Oranienburger Amtsgericht zuständig sei.

Nach Darstellung des Richterbundes verlangte Büroleiter Herrmann trotzdem von der Richterin, die Angelegenheit weiter zu verfolgen und drohte sogar mit dienstrechtlichen Konsequenzen. Während der Richterbund darin "einen nach der Verfassung und dem Richtergesetz unzulässigen Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit" sieht, argumentiert Schelter, dass es Herrmann allein um "die Herstellung der Dienstbereitschaft des Amtsgerichts Neuruppin" gegangen sei. Es müsse gewährleistet sein, dass die Gerichte Bürgern in dringenden Fällen auch am Wochenende Rechtsschutz gewährten. Kahl hielt entgegen, dass Schelter vom eigentlichen Kern ablenke. Die betroffene Richterin habe sich völlig korrekt und im Einklang mit den Vorschriften verhalten, als sie erklärte, nicht zuständig zu sein.

Es sei im übrigen, so Kahl, völlig ungewöhnlich, dass der Vorgang nicht vom Betroffenen oder seinem Anwalt an das Gericht herangetragen worden sei, sondern durch den Leiter des Ministerbüros. Schelter und sein Büroleiter hätten sich in unzulässiger Weise um einen Einzelnen gekümmert.

Michael Mara

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