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Brandenburg: Sehnsucht nach Regine Hildebrandt

Politikerin ist noch immer Vorbild

Potsdam. Viele, und nicht nur Brandenburger, vermissen Regine Hildebrandt vor allem aus einem Grund: Wegen ihrer „ehrlichen und anständigen Art“, wie immer wieder im virtuellen Kondolenzbuch auf ihrer Internet Homepage betont wird. Die Verfasser der E-Mails kommen aus der gesamten Bundesrepublik. Der Verdruss über die „Normal-Politiker“, denen das Wahlvolk immer weniger traut, ist groß, wie die Einträge zeigen: „Wenn wir sie noch hätten, bräuchten wir uns über die anderen nicht so zu ärgern.“

Es scheint fast so, als ob mit dem Verdruss über die Politiker, ihre Skandale und Affären, das Interesse an der einstigen „Stimme des Ostens“ wächst: Ihre Homepage wird wöchentlich bis zu 1000 Mal angeklickt, seit ihrem Krebstod vor einem Jahr ist sie von etwa 800 000 Interessierten aufgerufen worden. Ihr Erinnerungsband „Erzählt mir doch nicht, dasset nicht jeht“ ist mit über 90 000 verkauften Exemplaren ein echter Bestseller. In ganz Deutschland werden Anträge gestellt, Straßen, Plätze, Heime, Schulen nach Regine Hildebrandt zu benennen. All das hat es in der Geschichte der Bundesrepublik noch nicht gegeben – es hängt mit ihrer Redlichkeit zusammen.

Auch Brandenburgs neuer Sozialminister Günter Baaske wird noch ständig mit Hildebrandt konfrontiert: Gleich, ob er ein Pflegeheim, ein Krankenhaus oder ein ABM-Projekt besuche, die Leute sprächen sofort von der früheren Ministerin, erinnerten sich, wann sie das letzte Mal da gewesen sei, was sie gesagt habe. Gleichwohl meint SPD-Landesgeschäftsführer Klaus Ness, dass sich die Sozialdemokratie nach ihrem Tod nicht verändert habe: „Andere verfolgen das, wofür sie stand, weiter.“ Mag sein, aber sie können Hildebrandt nicht ersetzen.

Für PDS-Fraktionschef Lothar Bisky ist die Lücke, die ihr Tod in der politischen Kultur gerissen hat, unübersehbar: Nicht nur wegen ihrer Anständigkeit, ihrer Autorität. Für ihr soziales Engagement gebe es keinen Ersatz. Stattdessen führten die einstigen politischen Kontrahenten von Hildebrandt lautstark das Wort im Land, ohne dass er von der SPD Widerspruch höre. Auch für CDU-Fraktionschefin Beate Blechinger hat sich das Land verändert, allerdings anders, als Bisky meint: Der von Hildebrandt bewusst geförderte Glaube, dass der Staat die Probleme des Einzelnen lösen könne, sei im Schwinden. Hildebrandts Weichenstellungen hätten Brandenburg in seiner Entwicklung nicht geholfen, auch wenn sie den Menschen im Osten neues Selbstbewusstsein gegeben habe.

Michael Mara

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