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Brandenburg: Stolpe stachelt die SPD zum Wahlkampf an

Von Michael Mara Potsdam. „Stolpe hält das Zepter wieder fest in der Hand“, kommentierte ein märkischer Sozialdemokrat die jüngsten Auftritte des Regierungschefs.

Von Michael Mara

Potsdam. „Stolpe hält das Zepter wieder fest in der Hand“, kommentierte ein märkischer Sozialdemokrat die jüngsten Auftritte des Regierungschefs. Und in der Tat, ob in der Fraktion oder im Landesvorstand: Der Ministerpräsident, der nur ungern in die Rolle des Parteisoldaten schlüpft, macht den etwas trägen märkischen Genossen schonungslos den Ernst der Lage deutlich und schwört sie auf den Wahlkampf ein.

Mit Blick auf den schlechten Bundes- aber auch Landestrend der SPD nur vier Monate vor der Bundestagswahl – in Brandenburg ist die Partei in der Wählergunst auf ihren bisherigen Tiefststand gesunken – sprach er in der Landtagsfraktion Tacheles: „Entschuldigt, wenn ich eifrig werde: Ab sofort gilt absolute Urlaubssperre, ab heute heißt es durchkämpfen.“ Stolpe mahnte die Genossen eindringlich wie selten: „Wir werden nur gewinnen, wenn mit vollem Einsatz gekämpft wird.“ Die Bundestagswahl werde vor allem in Nordrhein-Westfalen und Ostdeutschland entschieden. „Wir müssen den Leuten klar machen, was sich ändern wird, wenn Stoiber kommt.“ Und weiter: Die SPD müsse vor allem ihre Ost-Kompetenz unter Beweis stellen und – mit Blick auf die sich nach den Umfragen weiter stabilisierende PDS – das Thema soziale Gerechtigkeit stärker besetzen. Um das zu unterstreichen, stellte sich Stolpe, sonst gegenüber Gewerkschaftsforderungen zurückhaltend, demonstrativ hinter den Streik der Metaller. Es sei richtig, jetzt Flagge zu zeigen: Es gehe darum, Ungerechtigkeiten im Lohnsystem zu beseitigen und die Lohnangleichung zwischen Ost und West voranzubringen. Die SPD-Abgeordneten sollten sich an die Werktore stellen und Solidarität zeigen.

So mancher Genosse erinnerte sich da allerdings an einen eigentlich nach wie vor gültigen Beschluss des Parteitages von März 2000 für eine Ost-West-Lohnangleichung bis 2004. Stolpe hatte ihn damals zwar als „Signal für den Osten begrüßt“, doch seitdem nichts unternommen und anders als seinerzeit Berlins Ex-Regierender Eberhard Diepgen (CDU) einen Alleingang Brandenburgs gescheut. In der Fraktion sprach Stolpe jetzt davon, dass die SPD nicht nur beim Thema soziale Gerechtigkeit deutlicher werden müsse, sondern auch dann, wenn es um „Ehrlichkeit in der Politik“ gehe. Die ausbleibende Lohn-Angleichung sei „ein großer Enttäuschungsfaktor“ für die Ostdeutschen und inzwischen „eine Frage der Selbstachtung“.

Nach Sachsen-Anhalt haben die SPD-Strategen analysiert, dass die Arbeitsplatzbesitzer, nicht die Arbeitslosen die Wahl entscheiden werden. Auch deshalb der neue Schulterschluss mit den Gewerkschaften.

Schon eine Woche zuvor auf der Klausur der SPD-Fraktion hatte Stolpe gemahnt, die jüngsten Umfrage-Ergebnisse ernst zu nehmen: Danach liegt die märkische SPD, die die Landtagswahl 1994 mit satten 54 Prozent gewonnen hatte, jetzt bei 35 Prozent - nur noch fünf Punkte vor der CDU. Stolpe wolle, so ein Sozialdemokrat, „das Ruder herumreißen, natürlich nicht nur Schröder zuliebe, sondern auch aus Eigeninteresse“. Denn eine Destabilisierung der Partei könnte auch auf ihn zurückfallen. In der SPD ist man sich einig, dass der Regierungschef vor diesem Hintergrund allen Spekulationen zum Trotz „nicht an einen vorzeitigen Abschied denkt“. Er sei kämpferisch und zeige „keine Ermüdungserscheinungen“, heißt es unisono über den dienstältesten ostdeutschen Regierungschef, der heute seinen 66. Geburtstag feiert.

Während es noch vor geraumer Zeit unzufriedene Stimmen in der Partei gab, die intern für eine vorgezogene Staffelübergabe an Platzeck plädierten, ist es jetzt umgekehrt: So mancher Genosse kann sich plötzlich wieder damit anfreunden, dass Stolpe 2004 noch einmal als Spitzenkandidat antritt. Zwar bekommt „Kronprinz“ Platzeck in Umfragen inzwischen gleich gute Noten wie Stolpe, doch noch ist der Regierungschef im Lande deutlich populärer: Jeder Brandenburger kennt ihn, „und er jeden zweiten Brandenburger“. Die Stimmung in der Partei sei so, dass Stolpe „mindestens bis 2004 weitermachen soll“, weiß ein führender Sozialdemokrat.

Allerdings sehen es die Brandenburger gemischter: Nur 45 Prozent sprachen sich bei der jüngsten Umfrage dafür aus, dass er 2004 noch einmal für das Amt des Ministerpräsidenten kandidieren sollte. Dies, so SPD-Politiker, könne ein weiterer Grund sein, „dass Stolpe noch einmal aufdreht“.

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