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Brandenburg: Streit ums Urteil

Nach dem Prozess um die Tötung eines Babys weist Berliner Richter BGH-Kritik zurück

Berlin - Der Bundesgerichtshof (BGH) hat das Urteil zum Fall des sogenannten Rinnsteinbabys aufgehoben – doch ob die höchstrichterliche Weisung Bestand haben wird, ist fraglich: Die Angeklagte Sabrina R. (24) hatte am 30. Mai eine Rücknahme der Revision, die ihr Verteidiger eingelegt hatte, eingereicht.

Wie berichtet, war Sabrina R.s fünfeinhalb Monate alter Sohn Santino im November 2006 schwer verletzt im Rinnstein unter einem Auto entdeckt worden. Die 22. Große Strafkammer des Berliner Landgerichts unter Vorsitz des erfahrenen Richters Peter Faust hatte die Mutter des toten Babys im Dezember 2007 auf Dauer in die geschlossene Psychiatrie geschickt. Sie soll ihr Baby so schwer misshandelt haben, dass es an den Folgen starb. Gegen das Urteil legte ihr Verteidiger Revision ein, daraufhin prüfte es der BGH und hob das Urteil auf. „Zwischenzeitlich hat meine Mandantin von sich aus eine Rücknahme der Revision eingereicht“, sagte ihr Anwalt Mirko Röder. Seiner Auffassung nach ist ihr Antrag auf Revisionsverzicht aber nicht rechtmäßig. „Die Mandantin ist nicht geschäftsfähig und ist in einer geschlossenen psychiatrischen Klinik.“ Man müsse abwarten, wie die Kammer über den Revisionsverzicht entscheide. Sollte er nicht rechtskräftig sein, wird der Prozess neu aufgerollt.

„Die erhobenen Beweise würdigen wir anders als der BGH“, sagte Richter Faust dem Tagesspiegel. Was dem BGH fehle, sei zudem der „persönliche Eindruck“, den man bei dem Prozess und den Zeugenaussagen erhalte. Für den Urteilsspruch waren neben Faust zwei weitere Berufsrichter und zwei Schöffen verantwortlich. Es ist das zweite Mal innerhalb von zwei Jahren, dass der BGH Urteile der 22. Großen Strafkammer kassierte. Nachdem der BGH das Urteil im Mordprozess gegen Monika de M. aufgehoben hatte, wurde die Frau im April dieses Jahres nach 888 Tagen Gefängnis in zweiter Instanz vom Mordvorwurf freigesprochen. Die Strafkammer hat pro Jahr über etwa 30 Fälle zu entscheiden.

Im Fall des Rinnsteinbabys ermittelt die Staatsanwalt auch nach der BGH-Entscheidung nicht gegen den Kindsvater. „Es liegen keine tragfähigen Verdachtsmomente gegen ihn vor“, sagte eine Justizsprecherin. Schon vor dem ersten Prozess schlossen die Ermittler den Vater als Täter aus. Nach Ansicht des BGH hatte das Landgericht zahlreiche Beweisanzeichen für eine Täterschaft des Vaters aber nicht genügend berücksichtigt.

Heute beginnt in Potsdam der Prozess gegen die 22-jährige Mutter des getöteten Babys von Nauen. Ihr wird vorgeworfen, im Dezember 2007 ihren neugeborenen Sohn erstickt zu haben. tabu/sib

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