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Brandenburg: Vereint in Provinzialität

Thorsten Metzner

War was? Ach ja, die Politik in Brandenburg und Berlin hat sich heftig über die „Länderfusion“ erregt. Das geschieht allerdings in schöner Regelmäßigkeit, ist nur noch selten originell – dafür aber meist ein untrügliches Zeichen, wie weit beide Länder real und mental von einer Vereinigung entfernt sind. Jetzt hat es Abgeordnetenhaus-Präsident Walter Momper (SPD) geschafft, Brandenburg mit dem Ladenhüter der Berliner Politik zu erschrecken: Statt einen neuen Landtag in Potsdams Mitte zu bauen, sollte das Parlament eines gemeinsamen Landes im Preußischen Landtag an der Spree tagen: Für die paar Volksvertreter aus der Mark ist ja noch genügend Platz.

Es kam, was kommen musste, die Rituale dieses Wettkampfs der Provinzialität sind sattsam bekannt. Der Berliner Politiker X verletzt die märkische Empfindlichkeit Y, worauf das politische Potsdam Zeter und Mordio schreit. Dann wird die „Fusion“ – ihr Zeitpunkt ist die Variable Z, wobei die Jahreszahl allmählich steigt – wieder in die Schublade gepackt. Wenn die nächste Umfrage veröffentlicht wird, nach der die Mehrheit der Brandenburger ein vereinigtes Land ablehnt wie eh und je, ist das Erstaunen und Bedauern in Berlin groß. Und Brandenburgs Politiker zucken mit den Schultern. Meist folgt aus dem Roten Rathaus der müßige Appell an die Kollegen in Brandenburg, doch bitte intensiver für die Länderfusion zu werben.

Wie es um ein gemeinsames Land tatsächlich steht, zeigt die jetzige Debatte um den künftigen Parlamentssitz. Die für die Identität, für das Selbstverständnis eines gemeinsamen Landes so wichtige Hauptstadt-Frage wird von keinem Geringeren als dem Parlamentspräsidenten so behandelt, als ginge es nur um ein Gebäude – das sagt alles über das Niveau. Nun müsste es sich mittlerweile bis Berlin herumgesprochen haben: Es spricht kaum etwas dafür, dass die fusionsskeptischen Brandenburger in absehbarer Zeit bei einer Volksabstimmung Ja zu einem gemeinsamen Land sagen würden. Vor diesem Hintergrund auch noch Berlin statt Potsdam als künftige Hauptstadt ins Spiel zu bringen – das hat schon fast die destruktiven Qualitäten des damaligen Landowsky-Spruchs von der „sozialistischen Wärmestube“, der vor der gescheiterten Volksabstimmung Wasser auf die Mühlen der Fusionsgegner war. Kein Wunder, dass der einzige Beifall in Brandenburg für Momper von der Linkspartei kommt, deren Haltung zur Fusion hinlänglich bekannt ist: Sie setzt darauf, dass weder die Fusion noch der Neubau eines Landtages im Lande populär sind.

Brandenburgs Umgang mit der „Fusion“ ist also auch kaum besser; ganz abgesehen davon, dass sich die Politik offenkundig mit der Berlin-Aversion der Märker abgefunden hat. Schwerer wiegt etwas anderes, was nicht erkannt oder aus falscher Rücksicht nicht ausgesprochen wird: Dass Brandenburg die Herausforderungen bald gar nicht mehr allein bewältigen kann, vor denen das Land steht – infolge der demografischen Entwicklung, der Entvölkerung der berlinfernen Regionen. Der finanzielle Spielraum, um Prignitz, Uckermark und Lausitz langfristig zu stabilisieren, wird sich nur gewinnen lassen, wenn Brandenburg in einem größeren Land aufgeht – allen Berliner Zumutungen zum Trotz.

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