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Brandenburg: Zu wenig Geld: Uckermark verklagt das Land

Erstmals zieht ein Kreis vor Gericht, um eine bessere Finanzausstattung zu erreichen. Anwälte sprechen von Haushaltsnot wie in Berlin

Potsdam/Prenzlau - Für die Landesregierung ist das eine unschöne Überraschung zum Jahresende: Erstmals klagt mit der Uckermark ein Landkreis beim obersten Gericht des Landes gegen die mangelhafte Finanzausstattung. Die von Landrat Klemens Schmitz (SPD) beauftragte Berliner Anwaltskanzlei Gaßner, Groth, Siederer und Kollegen will die Klage heute früh beim Verfassungsgericht einreichen. Das kündigte Anwalt Klaus-Martin Groth gestern an.

Groth ist sicher, dass die Klage Erfolg haben werde. Zwar sei die finanzielle Lage in allen 14 Landkreisen Brandenburgs angespannt. Wegen der unzureichenden Finanzausstattung durch Bund und Land seien die meisten nicht mehr in der Lage, einen ausgeglichenen Haushalt aufzustellen. Nur drei Kreise könnten, so Groth, noch einen ausgeglichenen Haushalt vorweisen. Zusätzliche Lasten durch die Hartz-IV-Reform verschärften die Probleme noch.

Doch in der Uckermark sei die Lage aufgrund der Besonderheiten besonders extrem. Der Kreis ist mit über 3000 Quadratkilometern nicht nur der flächenmäßig größte der Bundesrepublik – sondern zugleich der strukturschwächste, „in Brandenburg sowieso, aber wahrscheinlich auch in der Bundesrepublik“, sagt Anwalt Groth. Er ist auch der Kreis, mit dem größten Einwohnerschwund. Die jungen Menschen wandern in Massen ab – „jedes Jahr 2000 bis 4000“, sagt Landrat Schmitz. Bis 2015 werde die Einwohnerzahl nach den Prognosen um 20 000 auf rund 120 000 sinken, „aber das ist noch optimistisch“.

Laut Groth befindet sich die Uckermark in einer „akuten Haushaltsnotlage, die in gewisser Hinsicht sogar ähnlich wie in Berlin ist“. Denn der Kreis könne sich aus eigener Kraft „nicht mehr daraus befreien“ – wie auch Berlin nicht. Landrat Schmitz beziffert das Haushaltsdefizit derzeit auf 40 Millionen Euro.

Die Hauptschuld geben Schmitz und Groth dem Finanzausgleichsgesetz des Landes: Es berücksichtige die Besonderheiten der Uckermark nicht. Die Verteilung der Mittel erfolge zu sehr nach der Einwohnerzahl, zu wenig nach der Fläche, klagt Groth. „Weil immer mehr junge Menschen abwandern, bekommen wir weniger Geld. Andererseits müssen wir aber die gleichen Aufgaben erfüllen wie alle anderen Kreise und die Infrastruktur bereitstellen“, erklärt Schmitz. So müsse der Kreis allein 400 Kilometer Landesstraßen pflegen.

„Das Finanzausgleichsgesetz hat Fehler an allen Ecken und Enden“, kritisiert Anwalt Groth. „Die Finanzmasse für die Kreise ist zu gering, sie wird falsch verteilt und Sonderlasten werden nicht berücksichtigt.“ Die Landesverfassung verlange, dass die den Kreisen übertragenen Aufgaben angemessen erstattet würden, dies sei jedoch nicht der Fall. Der Anteil der Erstattungen liege bei 50 Prozent. „Deshalb muss jetzt das Verfassungsgericht ran.“ Wenn ein Kreis alle Möglichkeiten zur Steigerung der Einnahmen und zur Senkung der Ausgaben ergriffen habe, „muss er so viel Geld bekommen, dass er seine Aufgaben erfüllen kann“, betont Groth. Die Landesregierung bediene aber erst die eigene Verwaltung und gebe den Kreisen das, was übrig bleibt. Laut Verfassung müsse es umgekehrt sein.

Das Finanzministerium bestreitet das: „Die Lage in den Kreisen ist angespannt, aber sie haben genügend Mittel, die Aufgaben zu erfüllen“, sagte ein Sprecher gestern auf Anfrage. Hingegen zeigt SPD-Finanzexperte Mike Bischoff für die Klage der Uckermark Verständnis: Die Lage in den Kreisen sei sehr unterschiedlich. Die Regierung müsse prüfen, ob bestimmte Regionen überproportional mehr Lasten zu tragen hätten.

Michael Mara

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