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Tempelhof: Der konservierte Flughafen

Eine Initiative will Tempelhof zum Weltkulturerbe erklären lassen. Das Areal müsste dann unbebaut bleiben.

Für den Senat ist das keine gute Nachricht. Zwei Drittel der Bewohner des Wahlbezirks Schöneberg-Tempelhof unterstützen das „Aktionsbündnis be-4-Tempelhof“ und wollen in gewisser Weise die Uhr zurückdrehen: Nicht nur das Flughafengebäude, sondern auch das ganze Areal soll unter Denkmalschutz gestellt und Weltkulturerbe werden, der Flugbetrieb wiederaufgenommen und alle Pläne für Siedlungen oder eine Landeszentralbibliothek am Rande des Gebietes auf Eis gelegt werden. Sogar der Umbau des Areals zu einem Veranstaltungszentrum würde bei einem erfolgreichen Volksentscheid behindert.

So schnell wird es so weit aber nicht kommen. Vor der Senatssitzung vorige Woche zu dem Thema hatte Innensenator Erhart Körting (SPD) die wesentliche Forderung des Bündnisses aus dem Volksentscheid gestrichen: den Flugbetrieb wiederherzustellen. „Das verstößt gegen die Berliner Verfassung“, sagt eine Sprecherin. Über den Flugbetrieb hat das Volk schon entschieden – und sich dagegen ausgesprochen. Zwei Mal darf es laut Verfassung in einer Legislaturperiode nicht zum selben Thema an die Urnen. Das Bündnis könne dagegen vor dem Bundesverfassungsgericht klagen.

Entscheiden darf das Volk aber sehr wohl darüber, ob das ganze Areal zu einem Denkmal erklärt werden soll – und die Unesco um dessen Aufnahme in die Liste des Weltkulturerbes gebeten wird. Das würde den Ausbau des Areals zu einem Veranstaltungszentrum ausbremsen. Denn Eingriffe in ein Weltkulturerbe müssen mit dem zuständigen Unesco-Gremium abgestimmt werden. Deren Macht wurde zuletzt im Streit um die Waldschlößchenbrücke in Dresden deutlich: Wegen dieses Neubaus hat die Unesco die Elbmetropole aus dem Weltkulturerbe gestrichen.

„Das ganze Flughafenareal ist ein Denkmal, und das werden wir verteidigen“, sagt Michael Paul, Mitinitiator des Bündnisses. Dazu bedient er sich einer Strafanzeige gegen unbekannt wegen Sachbeschädigung. Durch die Umbauten für die Modemesse Bread and Butter, so lautet seine Begründung, werde das Denkmal beschädigt. Berlins oberster Denkmalschützer, Jörg Haspel, sieht das anders. Als „Reservat“ ohne Nachnutzung sei der Flughafen „hochgradig gefährdet“. Deshalb nennt Haspel die Umbauten „denkmaldienliche Eingriffe“. Aus seiner Sicht sind Flugfeld und Freiflächen keine Bau- und Gartendenkmäler und die stadtentwicklungspolitischen Impulse einer Randbebauung zu begrüßen.

Bündnissprecher Paul ist dennoch zuversichtlich: „Der Bezirk kann sich doch nicht gegen seine Bürger stellen“, sagt er. Zwei Drittel der Stimmen sprächen sich für die Forderungen des Bündnisses aus, also auch für den Flugbetrieb in moderater Form. Das Bündnis vereinige fast so viele Stimmen auf sich wie die drei wichtigsten Parteien in dem Wahlkreis – SPD, CDU und Grüne – zusammen. Mit Körtings gestutztem Volksentscheid will sich Paul deshalb nicht zufriedengeben: „Wir werden das rechtlich prüfen lassen“, sagt er. Ralf Schönball

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