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Fußpflegerin, Buchautorin und kulinarischer Experte für Marzahn: Katja Oskamp hier in ihrem Nagelstudion

© Paula Winkler / promo

Mund PROPAGANDA - das Genuss-Interview: Alt-Marzahn sieht lustig aus - wie eine schlechte Fotomontage

Katja Oskamp ist Autorin, arbeitet inzwischen auch als Fußpflegerin in einem Nagelstudio in Marzahn. Hier gibt sie ihre kulinarischen Empfehlungen.

Mit Mitte 40 hatte Katja Oskamp genug von der Schriftstellerei. Sie lernte Podologie - und wurde Fußpflegerin. In ihrem hinreißenden Buch "Marzahn, mon amour" (Hanser) berichtet sie von ihren Erlebnissen als Fußpflegerin in einem Nagelstudio in Marzahn, in dem sie immer noch arbeitet. 

Sie schreiben in ihrem Buch: Marzahn riecht anders als der Rest von Berlin. Schmeckt es auch anders?
Es schmeckt auch anders. Kulinarisch ist es nicht die Krönung Berlins, was aber nicht heißt, dass es nicht die eine oder andere Lokalität zu entdecken gäbe. Etwa die „Biertulpe“, am Fuße eines Hochhauses, wo sich alle zum Feierabendbier treffen. Da gibt es auch gutes Essen, Hausmannskost ohne Tralala: Kesselgulasch, Brathering, Tote Oma – Blutwurst mit Kartoffeln und Sauerkraut. Oder natürlich Monis Sülze, Moni ist die Inhaberin. Sie bringt jeden Tag um 12 Frau Braese ein Mittagessen, die auch in dem Hochhaus wohnt, aber zu alt ist, um runterzukommen. Frau Braese will sich immer überraschen lassen von Moni. Das ist wie auf dem Dorf. Tipp für die Biertulpe: Besser reservieren, da kommen viele Gruppen, Sportvereine oder Skatrunden etwa.

Als Fußpflegerin arbeiten sie nach wie vor in einem Kosmetikstudio in Marzahn. Wo machen Sie Pause?  
Wir haben keine geregelten Pausen. Und es muss immer schnell gehen. Stullen und Gemüsebox bringen wir selbst mit. Kuchen holen wir beim Nettobäcker – die sind da echt nett. Da gibt es nicht dieses Gemuffel, das man oft erlebt, wenn man von Leuten bedient wird, die das gar nicht machen wollen, weil sie eigentlich Kulturwissenschaft studiert haben. Einen tollen Mittagstisch hat die „Fleischerei Genz“ mit Gulasch, Rouladen und solchen Sachen. Die Fleischerei ist in einem kleinen Haus in Alt-Marzahn. Das ist das historische Dorf, das sie klugerweise erhalten haben, als die Neubausiedlung vor vierzig Jahren entstand. Da gibt es Kopfsteinpflaster und Dreiseithöfe und eine alte Kirche, alles umgeben von Plattenbauten. Sieht lustig aus, ein bisschen wie eine sehr schlechte Fotomontage.

In Marzahn wohnen ja auch viele ältere Leute. Gibt es einen Ort, wo man gut konditern kann?
Ja, die „Konditorei Engel“ am Freizeitforum. Gibt’s schon seit den 1950er Jahren, ist aber paar Mal umgezogen. Seit 2011 ist die an dem schönen Platz am Freizeitforum. Die machen Torten nach individuellen Wünschen, aber man kann auch mit Kaffee und Kuchen draußen sitzen und auf den Platz schauen. Und dann ist da noch das Eiskaffee „La Gondola“, das betreibt ein Italiener und der macht sehr große Eisbecher. Ich nehme immer den Krokantbecher, das darf man aber nicht so oft, damit man nicht so rund wird. Wenn ich den bestelle, dann muss ich zum Ausgleich zu Fuß zurück nach Friedrichshain gehen. Da wohne ich nämlich. Dauert zwei Stunden.

Wie divers ist Marzahn eigentlich?
Hier wohnen viele Russen, viele Asiaten. Die sehen wir gerade vor unserem Laden. Da stehen Kirschbäume, die da vielleicht schon waren, als es Marzahn noch gar nicht gab. Auf die klettern die Vietnamesen hoch und pflücken die Kirschen. Ein guter Asiate ist das „Van Lang“ auf der Marzahner Promenade – sehr nett, sehr gepflegt, frische Zutaten, der liefert auch. Ach, einen Tipp habe ich noch: Direkt neben unserem Studio hat vor einem Jahr ein Weinladen eröffnet. Die einzige Weinhandlung in Marzahn. Der Betreiber konzentriert sich auf deutsche Weine, viele von kleinen Familienbetrieben, die er alle besucht hat. Gibt auch guten Sekt und saisonale Sachen wie Federweißer. Da gehen wir nach der Arbeit gern hin und fragen, was er gerade offen hat.

Adressen:
Biertulpe, Marzahner Promenade 12
Netto, Marzahner Promenade 30
Fleischerei Genz, Alt-Marzahn 58
Konditorei Engel, Marzahner Promenade 55
La Gondola, Marzahner Promenade 31
Van Lang, Marzahner Promenade 42
Winzer Wein Berlin, Marzahner Promenade 32

Dieser Beitrag ist auf den kulinarischen Seiten "Mehr Genuss" im Tagesspiegel erschienen – jeden Sonnabend in der Zeitung. Hier geht es zum E-Paper-Abo. Weitere Genuss-Themen finden Sie online auf unserer Themenseite.

Felix Denk

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