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Mundpropaganda - Das Genuss-Interview: "Unser Gemüse wächst auf dem Dach"

Interior-Designerin Katja Buchholz steht mit ihren Entwürfen für perfektes Handwerk. Ist das auch kulinarisch ihr Motto?

Von Susanne Leimstoll

Die Berliner Architektin und Interior-Designerin, die lange für Chipperfield gearbeitet hat, vertreibt über ihr eigenes Label „BUCHHOLZBERLIN“ handgefertigte Möbel und Accessoires aus besonderem einheimischen Holz und biologisch behandeltem Leder. Eine Unternehmerin, die Handarbeit aus besten Produkten ins Zentrum ihrer Arbeit stellt..

Frau Buchholz, der Trend geht wieder zum geselligen Essen, also auch zum schönen Tisch?

Zum großen Tisch. Es sind zunehmend lange Tafeln gefragt, an denen gemeinschaftlich gegessen wird. Die Nachfrage nach Tischen mit sieben Metern Länge und mehr steigt. Das liegt im gastronomischen Umfeld auch an „shared dinners“, Gerichten, die gemeinsam gegessen und geteilt werden. Auch für Co-Working-Konzepte sind große Tische gefragt. Ein Kunde etwa hatte Lust, sich einen ganzen Baum als Besprechungstisch in sein Office zu holen.  Es ist einfach schön, an solch einem Stück Natur zu sitzen.

Sie legen in Ihrem Beruf viel Wert auf gutes Handwerk. Und kulinarisch?

Ist das nicht anders. Ich koche wahnsinnig gerne, natürlich mit unseren eigenen Messern und Brettern (lacht). Wir haben auch das Glück, zu Hause in Mitte das Dach des Wohnhauses als Terrasse nutzen zu dürfen, da machen wir ein bisschen Rooftop-Gardening à la Prinzessinnengärten – ziehen Gemüse und Kräuter in Körben oder alten Holzkisten, die kann man gut hin- und hertragen. Da wächst alles wie verrückt. Außerdem haben wir eine Oma mit eigenem Garten in Zehlendorf, sie hat zum Beispiel super Pflaumenbäume, da haben wir dieses Jahr viel geerntet, Marmelade eingekocht und Kuchen gebacken. Und dann ist da noch ein Freund mit einem Vierseithof in der Niederlausitz, der auch immer viel zu viel von allem hat: Kürbisse und Gemüse und Nüsse. Bei ihm haben wir auch dieses Jahr schon eine von ihm selbst aufgezogene Ente vorbestellt – fürs Weihnachtsfest. Er schlachtet, wir müssen sie selber rupfen. Wir probieren das, mal sehen, ob’s klappt.

Am liebsten essen Sie wo?

Zu Hause an unserem eigenen Tisch. Wir kochen jeden Abend warm, das ist uns wichtig. Gerne deftig, wie neulich Schweinebraten aus der Röhre, natürlich Bio, mit knuspriger Kruste, im eigenen Saft geschmort, dazu Ofengemüse. Wir haben zwei Tage lang davon gegessen …

Ihre besten Adressen zum Einkaufen?

Drei Wochenmärkte, auf die wir gerne gehen: Am Hackeschen Markt gibt es zwar wenig Bio, aber einen tollen Bäcker mit Sauerteigbrot und Kuchen. Sein Apfelkuchen wird gleich immer am Stand verzehrt. Am Wittenbergplatz mögen wir den „Blutwurst-Ritter“ Henry Schimpfkäse, der hat fantastisches Fleisch und Würste. Und in Zehlendorf, auf dem Markt am S-Bahnhof, stehen viele Bauern aus dem Umland, es gibt einen schönen Fisch- und einen guten Crèpe-Stand – und Live-Musik. Wirklich ganz reizend und sehr ambitioniert. Ein Mittags-Highlight ist eine Pause am Regionalladen „Loki“ am Schlachtensee. Neulich hatte ich dort im Ofen gebackene Kartoffel und Rote Bete mit Kräuterquark und Leinöl – köstlich!

Zu Ihren Lieblingsrestaurants zählen?

… natürlich das „Lokal“ unserer Freundin Maren Thimm. Das ist auf Platz eins bei uns. Neulich hatten wir Hochzeitstag und überlegten, wohin mit der Familie. Und es war perfekt dort. Das Fleisch war wieder so gut und dazu hat die Küche so viele interessante Gemüse kombiniert, etwa Schwarzkohl und Algen und Rote Bete. Die Beilagen sind immer eine Überraschung. Zu besonders schicken Gelegenheiten gehen wir gern ins „Einsunternull“. Und andere Orte lieben wir so sehr, dass wir bewusst hingehen, um genau das Gleiche zu essen wie beim letzten Mal. Meist sind es Asiaten: das „Lon Men“ etwa, eine unscheinbare Suppenküche, wo es auch hervorragende Zunge gibt. Dann um die Ecke das „Ngo Kim Pak“. Unsere Tochter nimmt die Rippchen, ich esse immer Pho-Suppe mit Rindfleisch und mein Mann die Garnelen. Und schließlich lieben wir einen der ersten Vietnamesen in Mitte: „Com Viet“: eine Mini-Küche, in der seit Jahrzehnten der Koch vor drei Gasflammen steht. Da essen wir jedes Mal die Garnelen mit Gemüse. Großartig!

Ihre Gebäckspezialisten sind?

Für Kuchen „Aux Delices Normands“ und für Brot Sarah Wieners „Wiener Brot“.

Und wenn die Familie einen Ausflug ins Umland macht?

Dann ernten wir gern selber, etwa bei „Neumanns Erntegarten“ in Bornim. Oder wir orientieren uns an der Website von „Mundraub“, wo es gerade etwas kostenlos zu pflücken gibt – wie neulich mit Freunden Äpfel und Birnen. Das ist auch für Mavie, unsere achtjährige Tochter, toll.

Adressen

Wochenmärkte: Hackescher Markt, Do. / Sa. 9 -18 Uhr; Wittenbergplatz, Di 8 -14, Do. 10 - 17, Fr. 8 – 16 Uhr; Zehlendorf, Sa. 8 – 16 Uhr. Restaurants: „Lokal“, Linienstr. 160, Mitte; „Einsunternull“, Hannoversche Str. 1, Mitte; „Lon Men“, Bamberger Str. 30, Wilmersdorf; „Ngo Kim Pak“, Schlüterstr. 22, Charlottenburg; „Com Viet“, Münzstr.3, Mitte. Bäckereien: „Aux Delices Normands“, z.B. Pfalzburger Str. 76, Wilmersdorf; „Wiener Brot“, Tucholskystr. 31, Mitte. „LOKI Berlin“ am S-Bahnhof Schlachtensee, Breisgauer Str. 1 A, Zehlendorf. Brandenburg: Normanns Erntegarten, Am Heineberg 2, Potsdam / OT Bornim. Selber pflücken: Infos über mundraub.org  

- Dieser Beitrag ist auf den kulinarischen Seiten "Mehr Genuss" im Tagesspiegel erschienen – jeden Sonnabend in der Zeitung. Hier geht es zum E-Paper-Abo. Weitere Genuss-Themen finden Sie online auf unserer Themenseite.

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