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Gesundheit: China ist prima

Gideon Heimann über Jugendwahn und Altersschwäche der deutschen Industrie Die Hannovermesse versucht, junge Leute in ihre Hallen zu locken. „Go for High Tech“ heißt das Programm, das in Zusammenarbeit mit Sponsoren Schüler von 15 Jahren an sowie Studenten für Tätigkeiten in technischen Bereichen begeistern soll.

Gideon Heimann über Jugendwahn und Altersschwäche der deutschen Industrie

Die Hannovermesse versucht, junge Leute in ihre Hallen zu locken. „Go for High Tech“ heißt das Programm, das in Zusammenarbeit mit Sponsoren Schüler von 15 Jahren an sowie Studenten für Tätigkeiten in technischen Bereichen begeistern soll. Busweise werden Klassen nach Hannover gefahren, aus München startet sogar ein Zug, der über Stuttgart und Ulm fährt. Auf der Messe wird der potenzielle IngenieurNachwuchs über die Teilveranstaltungen geführt, die etwa von „Fabrikautomation“, „Energie“, „Mikrotechnik“ sowie „Forschung und Wissenschaft“ handeln. Die jungen Leute können an einer „Rallye“ teilnehmen, müssen in den Hallen bestimmte Treffpunkte finden und Fragen beantworten, dann stehen ihnen Verlosungen offen.

Es ist die Industrie, die trotz der aktuellen Wirtschaftsflaute um Nachwuchs wirbt. „Der Aufschwung wird kommen“, da ist sich Helmut Gierse sicher. Er ist Vorsitzender des Fachverbandes Automation beim Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie. Wenn es wieder richtig losgeht, dann brauchen die deutschen Firmen jährlich um die 13 000 Ingenieure – von den Unis kommen pro Jahr nur 8000, rechnet Gierse vor.

Ob diese Nachfrage so bleiben wird, ist fraglich. Einer aktuellen Umfrage des Verbandes zufolge will inzwischen mehr als die Hälfte der Mitgliedsunternehmen im Ausland investieren – bis 2002 waren es nur 33 Prozent. Die Orte der ersten Wahl befinden sich in Südostasien (28 Prozent), darunter fast ausschließlich (weil zu 26 Prozent genannt) China.

Der Hauptgrund für die wachsenden Abwanderungsplänen ist aber gar nicht der Fachkräftemangel – der in diesem Teil der Unternehmensbefragung überhaupt nicht direkt angesprochen wurde. Gefragt war nach „mangelnder Flexibilität am Arbeitsmarkt“, was zum Beispiel auch das Kündigungsrecht einschließt. Doch selbst diese Antwort wurde nur von jedem vierten Befragten angekreuzt.

Dagegen benannten 40 Prozent der Unternehmen die Personalnebenkosten, 39 Prozent die hohen Tarifgehälter als Gründe für die geplante Produktionsverlagerung. Die heranwachsenden Ingenieure werden also selbst in Deutschland stärker in einem globalen Markt konkurrieren, was sich auch auf Gehalt und Sozialleistungen auswirken dürfte.

Ob sie dann aber etwas fürs Alter zurücklegen können, ist fraglich. Denn von 45 Jahren an aufwärts wird es auch in diesen Branchen eng, heißt es bei der Bundesanstalt für Arbeit. „Insgesamt sind 67 300 Ingenieure arbeitslos gemeldet. Gut die Hälfte von ihnen sind über 50 Jahre alt.“ So steht es bei der Internetbörse der Zentralstelle für Arbeitsvermittlung in Bonn.

Das Fazit: Ein brach liegendes Potenzial an erfahrenen Kräften ist – theoretisch auf Jahre hinaus – vorhanden. Es müsste nur qualifiziert werden. Aber das kostet Mühe und etwas Geld. Und das wollen die Betriebe der Untersuchung zufolge sparen, und sei es durch „Auswanderung“ nach China.

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