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Gesundheit: Detektor für Gammelfleisch

Deutsche Forscher entwickeln einen tragbaren Scanner, der altes Fleisch erkennt

Ob tiefgefrorenes Wild mit seit Jahren überschrittenem Haltbarkeitsdatum oder umetikettiertes Hack von der sogenannten Frischtheke: Lebensmittelskandale haben gezeigt, dass Gammelfleisch auf dem Weg von der Schlachterei bis zum Supermarkt oft unentdeckt bleibt – und trotz Kontrollen zu häufig auf den Tellern deutscher Verbraucher landet.

Damit sich das in Zukunft ändert, arbeiten Experten aus fünf Forschungsinstituten in Deutschland derzeit an der Entwicklung eines „Gammelfleisch-Scanners“. Das Gerät soll nicht größer sein als ein Geigerzähler und altes Fleisch in Minutenschnelle entlarven. Koordiniert wird das Projekt vom Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration (IZM) in Berlin.

Wie das Handgerät funktionieren soll, erklärt Bernd Sumpf vom Berliner Ferdinand-Braun-Institut für Höchstfrequenztechnik so: „Jede Substanz hat ganz charakteristische Eigenschaften, wenn man sie mit Licht bestrahlt. Diese sind für jeden Stoff so spezifisch wie ein Fingerabdruck.“ Das bedeutet, dass man anhand des Lichtspektrums, das eine Probe bei Bestrahlung abgibt, erkennen kann, welche Stoffe in ihr enthalten sind. Auch Bakterien oder chemische Elemente, die bei der Zersetzung von Fleisch entstehen, können durch diese Methode der Spektroskopie erkannt werden.

Derzeit testen Forscher in Berlin, Potsdam und Kulmbach, welche Art der Spektroskopie für den Fleisch-Scanner am besten geeignet ist: Man kann ein Stück Fleisch durchleuchten und messen, welche Farben des Lichtspektrums dabei absorbiert werden (Absorptions-Spektroskopie). Oder man bricht Licht an dem Fleisch und sieht nach, welches Lichtspektrum dabei gestreut wird (Raman-Spektroskopie). Eine weitere Methode ist die Fluoreszenz-Spektroskopie, bei der das Fleisch bestrahlt und Leuchteffekte gemessen werden.

Der Gammelfleisch-Detektor könnte aussehen wie eine Laserpistole. Schlachter, Lebensmittelkontrolleure, Verkäufer und Verbraucher sollen damit in Zukunft sofort vor Ort erkennen können, ob Fleisch frisch ist oder nicht. „Bisher dauert eine mikrobiologische Laboranalyse mindestens drei Tage, weil die untersuchten Bakterienkulturen so lange wachsen müssen“, sagte Rita Kirschfeld vom Berliner Institut für Lebensmittel, Arzneimittel und Tierseuchen (Ilat) dem Tagesspiegel. Deshalb sei ein solcher Scanner als Erstkontrolle sinnvoll. Dass das Gerät die eingehende Laboranalyse ersetzen könne, glaubt die Mikrobiologin nicht: „Man kann damit wahrscheinlich messen, ob und wie viele Zersetzungsstoffe im Fleisch enthalten sind, aber nicht, welche Bakterien es sind und ob sie Krankheiten erregen“, sagte Kirschfeld.

Die Entwicklung des Fleisch-Scanners ist aber nur ein Teil eines vom Bundesforschungsministeriums geförderten Projektes, das Verbraucher vor verdorbenem Fleisch schützen soll. Neben dem Scanner soll ein „intelligentes“ Etikett zum Einsatz kommen: Dieser Mikrochip auf der Verpackung wird alle Herkunfts- und Aufbewahrungsdaten des Fleisches speichern. So wird auch nachvollziehbar sein, ob Tiefgefrorenes schon einmal aufgetaut war. „Durch die Kombination beider Systeme wird es Kriminellen kaum möglich sein, verdorbenes Fleisch in Umlauf zu bringen“, sagte Bernd Sumpf, der die Laserlampen für den Scanner entwickelt. Die Forscher wollen beide Kontrollmethoden so weiterentwickeln, dass sie auch bei anderen Lebensmitteln, wie etwa Milch, angewandt werden können. Bis der Gammelfleisch-Scanner marktreif ist, wird es aber noch drei bis fünf Jahre dauern.

Dagny Lüdemann

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