zum Hauptinhalt

Gesundheit: Die Mathematik ist für viele der schwerste Brocken

Was ist an der Physik sinnlich? Das Fach ist als trocken verschrien, bietet aber Anreize für alle Sinne.

Was ist an der Physik sinnlich? Das Fach ist als trocken verschrien, bietet aber Anreize für alle Sinne.Zunächst ist einmal der Sehsinn gefordert.Der Physiker benötigt ihn etwa, wenn er die Anzeige an einem Meßgerät genau abliest.Im Grundstudium lernt der Student außerdem etliche physikalische Effekte kennen, die durchaus ihren optischen Reiz haben.Legt er zum Beispiel einen flache Linse auf eine ebene Glasplatte und läßt auf die Anordnung Licht einfallen, so sieht er darauf helle und dunkle Ringe.

Die Akustik, einst ein typisches Feld der Physik, hat sich dagegen zu anderen Fachbereichen hin bewegt.An der TU ist sie der Umwelttechnik zugeordnet.Die Umweltforscher beschäftigen sich zum Beispiel mit der Frage, wie man Lärm vermeiden kann.Beim Justieren beweglicher Teile eines Experiments dagegen ist der Tastsinn des Physikers gefragt.Die gute Nase im ursprünglichen Sinn aber benötigt er heute nicht mehr.Sie steht dem Chemiker besser zu Gesicht.

Ein Interesse an sinnlich erfahrbaren Phänomenen reicht aber allein nicht aus, um ein Physik-Studium durchzuhalten."Ich kann das Physikstudium demjenigen empfehlen, der eine mathematische Begabung hat und hinreichend motiviert ist", sagt der Physik-Dekan der Freien Universität, Helmut Gabriel.

Die Berufsaussichten seien nicht schlecht, betont Juliane Strassner, Lehramtsstudentin und Vorsitzende der Ausbildungskommission für Physik an der Technischen Universität.Man solle sich nur nicht darauf fixieren, daß man auch als Physiker arbeiten werde."Physiker haben Überblick und können daher in so verschiedenen Bereichen wie Unternehmensberatung, Softwareentwicklung, Projektmanagement und Vertrieb arbeiten", sagt Strassner.

In den vier Semestern des Grundstudiums steht die Mathematik im Vordergrund.Daneben wird eine Einführung in die Theoretische Physik angeboten.Ein wichtiger Teil ist das Physikalische Anfängerpraktikum, in dem der Student beim selbständigen Experimentieren lernt, physikalische Gesetze zu erkennen und zu beschreiben.

Einen großen Teil des Hauptstudiums nimmt dann die Theoretische Physik ein.Für viele Studenten ist sie ein schwerer Brocken.Im Fortgeschrittenenpraktikum erhalten sie dann Einblick in die Forschungsaktivitäten wissenschaftlicher Arbeitsgruppen.Dies kann ihnen bei der Entscheidung helfen, in welchem Themengebiet sie später ihre einjährige Diplomarbeit anfertigen wollen.

Abiturienten haben gleich drei Universitäten zur Auswahl, wenn sie in Berlin Physik studieren wollen: die Technische Universität, die Freie Universität und die Humboldt-Universität.Juliane Strassner gefällt es zum Beispiel, daß es an der Technischen Universität "Pragmatiker" gibt und meint damit Experimentalphysiker, die angewandte Forschung betreiben."Außerdem gibt es eine Vielfalt an Wahlpflichtfächern.Auch das Astro-Physik-Institut, das einzige in Berlin, ist eine Stärke der TU." Strassner kann Abiturienten empfehlen, hier Physik zu studieren: "Die Studienbedingungen an der TU sind gut."

Doch mit werbenden Worten für ihre Uni steht sie nicht allein da."Die Anfängerzahlen an der Humboldt-Universität steigen, auch im Lehramt, ganz im Gegensatz zum Bundestrend", sagt Wolfgang Nolting, scheidender Geschäftsführender Direktor des Physikalischen Instituts."Die individuelle Betreuung der Studenten ist etwas Besonderes an der HU." Ein weiteres Plus sei die Vielfalt an Spezialvorlesungen, die durch Sonderprofessuren entstanden ist, sagt Nolting.Der integrierte Kurs im Grundstudium, in dem sich Experimental-Physiker und Theoretiker ergänzen, ist von der Kommission zur Evaluierung der Berliner Naturwissenschaften hervorgehoben worden.

"Einen Schwerpunkt an der FU bildet die Diplomanden- und Doktorandenausbildung", sagt Dekan Helmut Gabriel."Die Anfängerzahlen sind nicht so hoch.Viele Studenten kommen erst nach dem Vordiplom oder dem Diplom zur Freien Universität.Die FU hat Erfolg mit ihren Sonderforschungsbereichen, die den Löwenanteil der Drittmittel ausmachen und damit gute Forschung ermöglichen", sagt Gabriel.

Doch die Lehre kann an allen Universitäten noch verbessert werden.An den Physikfachbereichen laufen verschiedene Projekte, deren Ansätze von eigenständigen Seminaren der Studenten bis zu finanziellen Anreizen für gute Lehrleistungen von Professoren reichen.An der Technischen Universität ist die Erprobungszeit des Studienreformprojekts "Seminar Theoretische Physik" zu Ende gegangen.Vier Semester erarbeiteten sich Studenten den Stoff selbständig und hielten darüber Vorträge.

An der Humboldt-Universität führt die Kommission "Studium und Lehre" seit 1996 jedes Semester Evaluierungen aller Lehrveranstaltungen durch."Das Projekt ist gut angekommen", sagt Gabriele Motz, Referentin für Studium und Lehre.Die Professoren erhielten den Durchschnittswert ihrer Benotung und verbale Kommentare.Noch während des Semesters haben sie die Kritik mit den Studenten besprochen.

Außerdem machte die Kommission eine größere Umfrage zur Lebenssituation der Studenten.Die Folge war eine Diskussion in den Gremien darüber, wie die Studenten besser auf die Berufspraxis vorbereitet werden könnten.Gabriele Motz berichtet, daß es Überlegungen gibt, ein Industrie-Praktikum einzuführen und einzelne Vorlesungen von Berufspraktikern halten zu lassen.

Auch an der Freien Universität bewerten Studenten regelmäßig ihre Vorlesungen.Die ausführliche Vorlesungskritik wird öffentlich bekanntgegeben, die Studenten wählen ihre Vorlesungen danach aus.Physik-Dekan Gabriel vergibt aus seiner Dekanreserve Prämien von 2000 bis 3000 Mark für sehr gute Lehrleistungen.

GUNNAR KNÜPFFER

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false