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Gesundheit: Humboldt-Universität: Streit mit Finanzsenator um ein Filetgrundstück: Die HU sucht einen Standort für ihre Sammlungen

Die Humboldt-Universität hat wertvolle Sammlungen, die bisher in ihrem vollen Umfang der Öffentlichkeit nicht präsentiert werden konnten, weil das geeignete Gebäude dafür fehlt. Die Sammlungen haben einen Umfang, der den Martin-Gropius-Bau füllen würde, in dem zur Zeit die Ausstellung "Sieben Hügel" stattfindet.

Die Humboldt-Universität hat wertvolle Sammlungen, die bisher in ihrem vollen Umfang der Öffentlichkeit nicht präsentiert werden konnten, weil das geeignete Gebäude dafür fehlt. Die Sammlungen haben einen Umfang, der den Martin-Gropius-Bau füllen würde, in dem zur Zeit die Ausstellung "Sieben Hügel" stattfindet. Als repräsentativen Standort für die Ausstellung dieser Sammlungen hat die Humboldt-Universität ein Gelände vorgesehen, das direkt gegenüber dem Pergamon-Museum liegt. Das Grundstück an der Ecke Kupfergraben und Hinter dem Gießhaus ist zur Zeit noch unbebaut. Jetzt will Finanzsenator Peter Kurth dieses Grundstück an einen privaten Nutzer verkaufen, der dort eine Kunstbuchhandlung zu errichten beabsichtigt.

Keine Klarheit über den Preis

Die Humboldt-Universität ist empört, nicht nur wegen dieser Verkaufsabsicht, sondern auch wegen des sich abzeichnenden Verkaufspreises. Das Grundstück soll nach Kenntnis der Humboldt-Universität weit unter dem Verkaufswert veräußert werden. Nach einem der HU vorliegenden Verkehrswertgutachten ist es mit 4,9 Millionen Mark bewertet, die Finanzverwaltung will es für 3,9 Millionen Mark weggeben. Dies ist der Universität unverständlich.

Den Verkauf selbst organisiert nicht die HU, sondern die Finanzverwaltung. Die Humboldt-Universität droht bereits jetzt, wie der amtierende Präsident Richard Schröder dem Tagesspiegel mitteilte, mit einer Schadensersatzklage, falls das Grundstück unter Wert für 3,9 statt 4,9 Millionen Mark veräußert werden sollte.

Ein Sprecher der Finanzverwaltung erklärte hierzu: "Grundsätzlich veräußern wir nicht unter dem Verkehrswert," es sei denn, es läge eine Zustimmung des Berliner Senats und des Vermögensausschusses des Abgeordnetenhauses vor. Die bisherigen Absichten zur Veräußerung seien mit der Senatsverwaltung für Wissenschaft und Kultur abgestimmt worden. Von Wissenschaftssenator Christoph Stölzl seien keine Bedenken geäußert worden. Sollten Bedenken von der Humboldt-Universität gegen die Veräußerung bestehen, müsse sich diese zuerst mit Stölzl abstimmen. "Das ist bisher nicht geschehen."

Was von dieser Aussage zu halten ist, beleuchtet ein Brief, den der bisherige Präsident der Humboldt-Universität, Hans Meyer, in dieser Angelegenheit am 26. April an Wissenschaftssenator Stölzl geschrieben hat. Darin heißt es: Es wäre töricht in dieser Situation zu verkaufen, weil abzusehen sei, dass mit Vollendung des Pei-Baus für das Deutsche Historische Museum und durch die komplette Rekonstruktion der Museumsinsel das Grundstück am Kupfergraben Ecke Gießhaus eine enorme Wertsteigerung erfahren werde. Denn es liege am "Prozessionsweg", der von der Straße "Unter den Linden" am Zeughaus vorbei bis zum Museum führe. Es dürfte damit eines der wertvollsten Grundstücke im Weichbild der Museumsinsel werden.

Hans Meyer hatte für die Bebauung des Grundstückes eine möglichst kostengünstige Lösung gesucht und auch gefunden. Der Unternehmer Hans Grothe wollte das Grundstück "Hinter dem Gießhaus" bebauen, und zwar in einem der Umgebung angepassten historischen Stil. Nach einer Nutzung über 30 Jahre im Erbbaurecht will der Unternehmer das Gebäude dann der Humboldt-Universität für die Unterbringung der Sammlung zur Verfügung stellen. Die Verrechnung wäre über den Erbbauzins erfolgt. Außerdem will der Unternehmer Grothe die Fassade des benachbarten, der Humboldt-Uni gehörenden Gebäudes an der Ecke Kupfergraben/Dorotheenstraße sanieren und das dortige Dachgeschoss ausbauen.

Das wäre eine kostengünstige Lösung für die Universität und das Land Berlin, erklärte der Amtsnachfolger von Hans Meyer, Richard Schröder. Es würden nämlich keine Kosten für die öffentliche Hand entstehen und eine hässliche Baulücke, die durch den Krieg gerissen wurde, könnte geschlossen werden.

Die Hochschulen sollen verkaufen

Es gibt zwei Erklärungsmöglichkeiten für das Verhalten der Finanzverwaltung: Entweder handelt es sich um die Bevorzugung einer bestimmten Person mit dem Namen Bastian - das ist der Verdacht in der HU-Spitze - oder das Land Berlin braucht möglichst schnell Geld und nimmt an Angeboten, was es bekommen kann. Angesichts des Defizites im Landeshaushalt und der pauschalen Minderausgabe, die den Hochschulen auferlegt worden ist, sollten Grundstücke zu einem möglichst guten Preis verkauft werden. Die Hälfte der Erlöse fließt dann in einen Überbrückungsfonds, aus dem sich nach den Hochschulverträgen die Unis bedienen können, wenn sie Gelder zur Überbrückung von Personalengpässen benötigen. Dieser Überbrückungsfonds wird in diesem Jahr jedoch in Höhe von 27 Millionen Mark vom Land Berlin zweckentfremdet, weil er zur Deckung eines Haushaltsdefizits herangezogen wird. Um diesen Fonds entsprechend auszustatten, müssen jene Hochschulen, die über besonders attraktive Grundstücke verfügen - das sind die Humboldt-Universität in Mitte und die Freie Universität in Dahlem - möglichst viele Grundstücke verkaufen.

Dass die Humboldt-Universität für ihre Sammlungen ein geeignetes Gebäude sucht, ist verständlich. Demnächst sollen sie erstmals im Martin-Gropius-Bau gezeigt werden, aber das ist nur eine Präsentation auf Zeit. Die Sammlungen haben seit nahezu 200 Jahren einen gewaltigen Umfang angenommen: 30 Millionen Schaustücke sind es geworden, darunter Kunstwerke, Fotos, Gemälde, Autographen, medizinische Präparate und Fossilien. Die Pflege der Sammlung obliegt dem Helmholtz-Zentrum.

Uwe Schlicht

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