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Gesundheit: In den Händen der Wahlkämpfer

Ob der Elite-Wettbewerb von Bund und Ländern jemals startet, ist wieder völlig ungewiss

Hat der Exzellenz-Wettbewerb der Universitäten noch eine Chance? Eigentlich hatten die Forschungsorganisationen noch in diesem Monat mit einer positiven Entscheidung gerechnet. Doch seit bekannt ist, dass der Bundestag schon im kommenden Herbst neu gewählt wird, ist wieder alles völlig offen. Mitten im Wahlkampf dürfte es den Politikern schwer fallen, einen Kompromiss zu schließen. Womöglich könnte der Wettbewerb schließlich ganz versanden.

„Ich bin von Natur aus Optimist, doch jetzt sehe ich schwarz“, sagt Jürgen Mlynek, Präsident der Humboldt-Universität. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass vor den Wahlen noch Bewegung in die Sache kommt.“ Sein Vertrauen in den Bildungsföderalismus sei durch den seit anderthalb Jahren währenden Streit um die Exzellenzinitiative ohnehin erschüttert. Die Universitäten fühlten sich von der Politik „verschaukelt“. Auch Ernst Rank, Erster Vizepräsident der TU München, sagt: „Ich bin äußerst skeptisch.“

Denn die Unionsländer wollen das Projekt nur dann auf den Weg bringen, wenn ihre Forderungen bei der Reform der Verfassung Gehör finden. TU-Vizepräsident Rank hält eine Verfassungsreform vor den Wahlen jedoch für höchst unwahrscheinlich – entsprechend bliebe die Exzellenzinitiative liegen, so seine Sorge.

Annette Schavan, Kultusministerin in Baden-Württemberg und Anführerin der Wissenschaftsminister der Union in der Kultusministerkonferenz, glaubt zwar auch nicht, dass es vor den Wahlen noch zur Verfassungsreform kommt. Trotzdem sollten „Dinge, die entscheidungsreif sind, nicht liegen bleiben“, sagte sie dem Tagesspiegel. Sie gehe davon aus, dass der Wettbewerb im vorgesehenen Zeitplan startet. Diese „Entkoppelung“ der Verfassungsfragen vom Exzellenzwettbewerb und dem anderen Bund-Länder-Projekt, dem Forschungspakt zur Förderung der außeruniversitären Forschung, wünscht auch Karl Max Einhäupl, der Vorsitzende des Wissenschaftsrats. Das notwendige Geld sei bereitgestellt. „Von uns aus könnte es gleich losgehen“, heißt es auch aus dem Wissenschaftsministerium im SPD-regierten Rheinland-Pfalz.

Doch das Programm liegt nicht in den Händen der Wissenschaftsminister, sondern in denen der Ministerpräsidenten. Bei der Jahresversammlung der Hochschulrektorenkonferenz Anfang Mai hatte der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber zwar eine Entscheidung für den Juni angekündigt. Doch nun ist die Gemengelage eine völlig andere. Berlins Regierender Bürgermeister, der zusammen mit Stoiber und Franz Müntefering eine Kompromissformulierung für das Exzellenz-Konzept ausarbeiten sollte, will sich deshalb im Moment lieber nicht äußern.

Denn selbst wenn Hessen zuletzt bereit schien, seine Bedenken aufzugeben. „Auf gar keinen Fall wird die Union jetzt dem Bund die Chance geben, sich mit dem Wettbewerb im Wahlkampf zu profilieren“, meint Dieter Lenzen, der Präsident der Freien Universität. Umgekehrt werde die Bundesregierung jetzt den Forderungen der Länder, speziell Hessens, nicht nachgeben wollen.

Ernst-Ludwig Winnacker, der Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft, sagte dem Tagesspiegel: „Die Hoffnung stirbt zuletzt.“ Die Politik stehe in der Pflicht. Sie habe sich festgelegt, das Projekt kurz nach der Wahl in Nordrhein-Westfalen zu genehmigen. „Ich gehe davon aus, dass unsere Geldgeber ihr Wort halten werden.“

Der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz, Peter Gaehtgens, betont, wenn die Länder in der Hochschulpolitik mehr Kompetenzen haben wollten, dann müssten sie sich auch der Verantwortung stellen und für die notwendige Finanzausstattung sorgen. Leider habe sich bisher herausgestellt, dass die Kultusministerkonferenz zur Übernahme der Verantwortung nicht in der Lage sei. Angesichts dieser Entwicklung könne die Wissenschaft auch künftig nicht auf eine Mitwirkung des Bundes in der Wissenschaftspolitik verzichten.

Unterdessen hat sich der Streit um die Kompetenzen in der Bildung auf ein weiteres Projekt der Bundesregierung ausgeweitet. Edelgard Bulmahn kritisiert, Baden-Württemberg, Bayern und Hessen wollten die Fortsetzung der Bundesförderung für die Juniorprofessuren verhindern. Der Bund hat die Professuren für den wissenschaftlichen Nachwuchs bislang mit 60 Millionen Euro gefördert, weitere 120 Millionen stehen nach Bundesangaben bereit. Annette Schavan verteidigt die Politik der Länder: Bulmahn müsse „sich selbstkritisch fragen“, ob nicht ihre Politik der „Provokation“ dafür verantwortlich sei, dass die Länder inzwischen viele Themen „vom Grundsatz her“ klären wollten.

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