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Gesundheit: Intellektuelle am Ball

Leibniztag der Akademie der Wissenschaften: Jutta Limbach spricht, Wolf Lepenies wird geehrt, und die Junge Akademie fragt

Da saßen sie, im Festsaal des Konzerthauses am Gendarmenmarkt, mit weißen Haaren und dunklen Anzügen, auch eine Frau in rotem Kleid, ein junger Mann mit Nickelbrille: die Intellektuellen. Die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften hatte am Samstag zum Leibniztag geladen. Alljährlich im Juni legt die Akademie Rechenschaft über ihre Arbeit ab und vergibt die Leibniz-Medaille für Verdienste um die Förderung der Wissenschaften. Den Festvortrag hielt Jutta Limbach, Präsidentin des Goethe Instituts Inter Nationes. Die ehemalige Vorsitzende des Bundesverfassungsgerichts hatte sich kein leichtes Thema ausgesucht, zumindest vor diesem Publikum: „Die Intellektuellen und die Macht.“

Um ein Intellektueller zu sein, so Limbach, reiche es nicht, hervorragende wissenschaftliche Leistungen zu erbringen. „Das Sich-Einmischen in öffentliche Angelegenheiten ist das, was den Intellektuellen von der großen Zahl der intelligenten Menschen in unserer Republik unterscheidet.“ Intellektueller sei man keineswegs auf Lebenszeit. „Der Status ist flüchtig. Wer in der Öffentlichkeit nicht am Ball bleibt und dessen Worte keinen Widerhall mehr finden oder keinen Widerspruch mehr auslösen, hört auf, ein Intellektueller zu sein."

Beim diesjährigen Preisträger der Leibniz-Medaille dürfte kein Zweifel bestehen, dass er ein Intellektueller in diesem Sinne ist: Wolf Lepenies, Soziologe und Gründungsmitglied der Akademie. Er wurde an diesem Tag, wie Akademiepräsident Dieter Simon sagte, vor allem als Manager, als praktisch handelnder Intellektueller geehrt. Lepenies war von 1986 bis 2001 Rektor des Wissenschaftskollegs zu Berlin. Während seiner Amtszeit hat er vor allem Kontakte nach Osteuropa aufgebaut und dort an der Gründung und Stärkung von Wissenschaftszentren mitgearbeitet. Sein neuestes Projekt, das er zusammen mit dem Islamwissenschaftler Navid Kermani realisieren möchte, ist die Gründung einer Akademie für islamische und jüdische Kultur in Berlin.

Vormittags erhielt er den Leibnizpreis, am Abend schon war Lepenies selbst der Festredner für eine weitere Preisverleihung im Rahmen des Leibniztags. „Was wollen wir wissen?“ lautete 2002 die Preisfrage der Jungen Akademie. Über 300 Einsendungen waren eingegangen, der Gewinner erhält 5000 Euro. Die Freiheit zu entscheiden, was wir wissen wollen, mache die Freiheit der Wissenschaft aus, so Lepenies in seiner Festrede. Gerade heute müssten Wissenschaftler den durch Finanzprobleme entstandenen politischen Druck abwehren, nur ganz bestimmte Sachen wissen zu sollen. Aber, ermahnte Lepenies die Jungen Akademiemitglieder: „Nichts ist schlimmer, als wenn Sie zu genau wissen, was Sie wissen wollen!“ Dann ginge die Fähigkeit verloren, per Zufall zu finden, wonach sie gar nicht gesucht haben.

Die Gewinner der Preisfrage haben dem Zufall gewiss seine Chance gegeben. Statt sich am Schreibtisch eine Antwort zu überlegen, sind die Studenten Angela Fritzen, Nina Stressenreuter und Jens Grünewald in eine vierte Schulklasse gegangen und haben einfach den Kindern die Preisfrage gestellt: Was wollt ihr wissen? Das Ergebnis: Ein Buch voller Kinderzeichnungen und Kinderfragen. An manchen davon könnte leicht auch ein echter Intellektueller scheitern. Zum Beispiel: „Woher weiß die Schmerztablette, wo es mir weh tut?“

Die Preisfrage 2003 lautet: „Was im Tier blickt uns an?“ Einsendeschluss ist der 31.12.2003. Akzeptiert werden die unterschiedlichsten Einsendungen: Texte, Bilder, Objekte, Skulpturen. Informationen unter www.diejungeakademie.de oder unter 030 20370-650.

Sibylle Salewski

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