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Gesundheit: "Intercultural Education" macht Lehrer fit fürs Ausland, ist aber auch in deutschen Klassenzimmern gefragt

Die Zukunftschancen für Lehrer sind nicht gerade rosig. Die meisten der Absolventen werden spätestens nach dem zweiten Staatsexamen beim Arbeitsamt entsorgt und dürfen sich auf endlose Bewerbungsseminare mit den netten Damen und Herren vom Hochschulteam freuen.

Die Zukunftschancen für Lehrer sind nicht gerade rosig. Die meisten der Absolventen werden spätestens nach dem zweiten Staatsexamen beim Arbeitsamt entsorgt und dürfen sich auf endlose Bewerbungsseminare mit den netten Damen und Herren vom Hochschulteam freuen. Und kommt dann ein Lehrer schon mal auf die Idee, sich in anderen EU-Ländern um eine Stelle zu bewerben, dann weiß man dort mit dem Abschluss "Staatsexamen" meist nur wenig anzufangen.

Um dem abzuhelfen, bietet die Freie Universität Berlin gemeinsam mit den Universitäten in Uppsala in Schweden und Thessaloniki in Griechenland nunmehr einen weiterführenden Studiengang zur interkulturellen Erziehung an. Ziel des einjährigen Studiengangs ist der Erwerb eines European Masters Certificate in Intercultural Education, das im Rahmen des Erasmus-Programmes künftig europaweit angeboten und anerkannt werden soll. Für die 25 Studienplätze können sich alle bewerben, die ein erstes oder zweites Staatsexamen für ein Lehramt in einem Staat der EU besitzen und zudem über gute Englischkenntnisse verfügen.

Neben dem internationalen Abschluss als Master baut die FU auch gerade auf das gestiegene Bedürfnis der Schulen an Lehrern mit besonderen Kenntnissen und Erfahrungen auf dem Gebiet der interkulturellen Erziehung. Denn mit der zunehmenden Zahl von Schülern nichtdeutscher Herkunft hat sich auch die Lehrsituation an den Schulen verändert. In der Ausbildung blieb dies jedoch bisher weitgehend unberücksichtigt. Die Vorbereitung auf die multikulturell zusammengesetzte Schule beschränkte sich bislang auf den vorgeschriebenen Besuch eines zweistündigen Seminars "Unterricht mit ausländischen Schülern". Angesichts der gesellschaftlichen Realitäten viel zu wenig, wie auch Gerhard Harder, Dozent am Institut für Interkulturelle Erziehungswissenschaft der FU, findet. "Wenn wir in Zukunft Absolventen in die Schulen kriegen, dann doch nur solche, die sich mit dieser Problematik auskennen", meint Harder. Bestätigt sieht er sich auch durch Bewerbungen von bereits berufstätigen Lehrern. "Diese Leute merken in ihrer täglichen Arbeit, dass sie nicht richtig vorbereitet und ausgebildet sind." Auch die Resonanz bei den Studenten ist gut.

Das Studium ist so aufgebaut, dass die Studenten im ersten Semester an vorgeschriebenen Lehrveranstaltungen teilnehmen, in denen Themen aus den Arbeitsbereichen "Interkulturelle Kommunikation", "Zweitsprachenerwerb", "Unterrichtsbeobachtung" und "Strategien antirassistischer Arbeit" vermittelt werden. Im zweiten Semester kommt noch die Teilnahme an einem praktischen Studienprojekt hinzu. Das Studium endet mit der Anfertigung einer Abschlussarbeit, der Master Thesis.

Der Kontakt mit den Studenten der Partneruniversitäten soll regelmäßig über Internet erfolgen. Darüber hinaus ist es für jeden Studenten Pflicht, mindestens ein Modul des Studiengangs - zwei bis sechs Studienwochen - an einer der Partneruniversitäten zu absolvieren.

Aufgrund des gleichen Studienplans an allen beteiligten Universitäten steht es den Studenten frei, einen größeren Teil oder gar die gesamte Ausbildung an den Partneruniversitäten zu verbringen. In Zukunft sollen sich möglichst viele europäische Länder an dem Studiengang beteiligen. Anfragen gibt es bereits aus Portugal, Großbritannien, Österreich und den Niederlanden. Dadurch würden für die Absolventen auch die Chancen steigen, unabhängig vom deutschen Arbeitsmarkt in anderen EU-Ländern eine Anstellung zu finden. Gerhard Harder sieht darin die "große Hoffnung" des Studiengangs. "Je mehr Kontakte wir zu den anderen Ländern haben, um so besser kennen wir auch die Bedingungen für einen Job in Schweden oder anderswo. Darüber hinaus hilft natürlich auch der Master als international anerkannter Studienabschluss."

Einziges Problem bleibt die finanzielle Unterstützung der Studenten. Für ihren Lebensunterhalt müssen sie für die Zeit des Studiums selbst aufkommen. Nur in Schweden erhalten die Studenten eine Förderung in Form eines Kredites, was angesichts der Berliner Haushaltslage für die FU wohl trotz aller Bemühungen illusorisch bleiben wird. Auch Gerhard Harder findet ein Jahr ohne Unterstützung "ziemlich hart", verweist aber darauf, dass die Ausbildung selbst kostenlos ist: "Wo kriegt man denn sonst noch einen Masterabschluss auf dem Tablett serviert und muss keinen Pfennig dafür bezahlen?"

Informationen und Bewerbungsunterlagen beim Institut für Interkulturelle Erziehungswissenschaft der Freien Universität Berlin, Habelschwerdter Allee 45, 14195 Berlin, Sekretariat Frau Grünewald, Telefon: 030 / 838-5967.

Jochen-Martin Gutsch

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