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Gesundheit: Knäuel in Bewegung

Euripides tat es und Seneca.Friedrich Maximilian Klinger tat es und Jean Anouilh.

Euripides tat es und Seneca.Friedrich Maximilian Klinger tat es und Jean Anouilh.Hans Henny Jahnn und Christa Wolf.All diese haben an Medeas Geschichte mitgewebt, haben den Mythos weitergetragen und verwandelt in eine eigene Lesart.In der Mythologie begegnet uns Medea als heilkundige Priesterin, genannt "die guten Rat Wissende".Sie erscheint als größte Zauberin und Hexe des griechischen Mythos.Bei Euripides steht die Rächerin, die ihre Kinder umbringt, zwischen Vernunft und Affekt, bei Klinger zwischen Menschsein und Gottheit, bei Anouilh zwischen Mann und Frau, bei Jahnn zwischen Jugend und Alter.

Jetzt finden sich ein paar Theaterspieler zu einem Medea-Projekt zusammen.Basteln sie eine weitere Figureninterpretation? Nein.Die jungen Darsteller um Regisseur Haiko Pfost folgen keiner klar umrissenen Medea-Vorgabe, sie wollen im Gegenteil Medea in ihrer Vielschichtigkeit präsentieren."Medea existiert nicht in einem bestimmten Zustand, sondern im Prozeß des Übergangs von einem Zustand in einen anderen", sagt Sybille Neuß, die mit für die Dramaturgie zuständig ist."medea - opera für stimme, leib, querflöte" - so lautet der Titel der "theatralen Installation", die am Donnerstag Premiere haben wird.

Auf den Proben sind die Tänzer gerade dabei, sich eine neue Bewegungssequenz zu erarbeiten.Eine Darstellerin lädt sich ihren Kollegen auf den Rücken.Dieser schlingt seine Beine um ihren Hals, dann setzt sich das Knäuel langsam in Bewegung.Choreographin Kathrin Barwinek wünscht sich noch gleichmäßigere Bewegungen, doch man muß absetzen, da der Unterschenkel der Tänzerin die Kehle zudrückt.

Aus dem Nachbarzimmer, wo der Chor probt, erklingen in diesem Moment merkwürdige Laute.Komponist und Chorleiter Christian Messer erklärt die fremden Zeichen in der Partitur.Diese Komposition lasse sich nicht in herkömmlicher Notenschrift schreiben."Das Prinzip der Übergänge schlägt sich auch in der Partitur nieder", so Messer.Quadrate, Symbole, Ziffern, auf- und abschwellende Doppellinien ziehen sich dahin.Diese ungewöhnliche, rhythmisch sehr ausgefeilte Musik entfaltet bald eine suggestive Kraft.

Die drei Elemente Chor, Bewegung und Querflöte werden, so verspricht Pfost, "miteinander kommunizieren, aber nicht unbedingt harmonisieren".Das Zusammenspiel wird hier nicht im Sinne einer vollendeten Einheit begriffen, sondern soll auch auf die Brüche und Widersprüche verweisen."Es gibt nicht die eine Medea.Wir wollen Bilder über Medea zeigen und zugleich wieder zerstören", so Pfost, der an der FU Religions- und Theaterwissenschaft (FU) studiert.

Die FU-Studiobühne hat das Medea-Projekt gefördert und bleibt damit ihrem seit einiger Zeit bestehenden Anspruch treu, anstatt inhaltsbezogene "klassische" Inszenierungen von Dramen anzustreben, nach neuen Formen theatraler Darstellung, "nach theaterspezifischen Mitteln und Wirkungen" zu suchen.Das Konzept, mit dem sich die Medea-Gruppe die Unterstützung der FU-Studiobühne sichern konnte, hat auch dem Theater am Halleschen Ufer so sehr gefallen, daß es den jungen Theatermachern seine Spielstätte zur Verfügung stellt.

6.bis 11.Mai, jeweils 21 Uhr, im Theater am Halleschen Ufer, Hallesches Ufer 32.Karten unter 2510941.

TOM HEITHOFF

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