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Gesundheit: Machtkampf um die Bildung

Von George Turner, Wissenschaftssenator a.D.

Die FöderalismusKommission ist an der Schul- und Wissenschaftspolitik gescheitert. In nahezu allen anderen Bereichen, die auf dem Prüfstand standen, konnte man sich einigen, warum nicht auch bei dem letzten, noch offenen Thema? Abgesehen von den aus der Sicht der Länder schlechten Erfahrungen mit dem Bund im Streit um Juniorprofessur und Studiengebühren waren es grundsätzliche Einwände gegen eine Preisgabe von Zuständigkeiten. Das wussten auch jene, die daran interessiert waren, die Position des Bundes zu stärken.

Das Gesamtpaket der Föderalismus-Kommission wäre nur mit einem kompromissbereiten Bund zu retten gewesen. Warum ist man nicht bei Bildung und Wissenschaft beim Status quo geblieben, um die bereits erledigten Punkte zu sichern? Der Bund wollte mehr als den Status quo – und wollte offenbar gar keinen Kompromiss. Warum aber eine solche Haltung?

Es kann nur eine Erklärung geben: Die SPD möchte das Thema langfristig für den Wahlkampf 2006 nutzen. Schon mit der überraschenden Forderung nach Eliteuniversitäten Anfang 2004 wollte die SPD offensichtlich ein Thema besetzen, das nach allem Verständnis ein typisches Feld der Union ist. Wenn die Länder jetzt dafür verantwortlich gemacht werden, dass das Geld für Spitzenuniversitäten blockiert ist, liegt das auf derselben Linie. Dabei wäre es ganz einfach: Wer es ernst meint mit der Förderung von Spitzenleistungen, braucht nur die DFG besser auszustatten. Aber darum geht es nicht. Wir erleben eine politische Machtfrage auf Kosten von Bildung und Wissenschaft, getreu der Devise „Wer die Schule hat, hat das Land“.

Die vielfach erhobene Forderung nach fortgesetzten Bemühungen um eine Lösung in der Föderalismusfrage ist verständlich und begründet. Vermutlich sind aber alle Bemühungen zum Scheitern verurteilt, weil die Bundesregierung derzeitig kein Interesse an einer Lösung hat, sondern das Thema Bildung aus wahltaktischen Gründen bis zum Bundestagswahlkampf im Jahr 2006 „am köcheln“ halten will.

Mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, dass der Bund Studiengebühren nicht verbieten darf, haben die Länder zwar einen Sieg im Förderalismusstreit errungen. Aber die Bevölkerung wird es nicht honorieren, wenn Schulen und Hochschulen von Bundesland zu Bundesland völlig anderen Regeln unterworfen sein werden. So wichtig Wettbewerb ist – er darf nicht in Kleinstaaterei ausarten. Bestimmte Standards und Bedingungen sollten allgemein verbindlich sein. Auf solche Erwartungen der Wähler setzt eine Partei, wenn sie Bildung zum Wahlkampfthema macht.

Wer mit dem Autor diskutieren möchte, kann ihm eine E-mail schreiben: g.turner@tagesspiegel.de

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