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Gesundheit: Roboter mit freiem Willen

Unberechenbare Rechner: Werden Computer intelligent?

„Von all den möglichen Vätern ist er der zuverlässigste“ – das sagt eine junge Mutter über einen ziemlich perfekten Roboter, mit dem ihr Sohn sich angefreundet hat. Selbstverständlich sind wir damit in Hollywood, bei „Terminator 2“.

Doch auch außerhalb von Science-Fiction- Filmen tut sich viel: Johnny ist eine Laufmaschine, die an der Technischen Universität München konstruiert wurde. Bald soll er auch joggen können, über Stock und Stein. „Wakamaru“, eine Maschine von Mitsubishi, soll dazu noch Gesichter erkennen und sich bis zu 10000 Wörter merken. Einer wie er kann vielleicht bald im Haushalt helfen. Und weit besser als ein Tamagotchi, jenes japanische Kinderspiel, das vor ein paar Jahren Furore machte, eignet er sich umgekehrt auch als Objekt von menschlicher Fürsorge.

Alle 18 Monate verdoppelt sich die Rechenleistung von Computer-Chips. Wenn es so weitergeht, sind sie in 30 Jahren „in der Leistungsklasse des menschlichen Gehirns“, rechnet Kurt Beiersdörfer vor, Geschäftsführer des Heinz-Nixdorf-Museumsforums in Paderborn. Aber können Computer und Roboter wirklich „intelligent“ sein oder es in Zukunft werden? Das fragte die Konrad-Adenauer-Stiftung letzte Woche in einer gut besuchten Veranstaltung aus der Reihe „Faszination Wissenschaft“.

Wer so fragt, landet meist schnell beim Schach. Das Paradebeispiel ist ja auch nicht ohne: „Jahrhundertelang galt dies Spiel als Königsdisziplin des menschlichen Denkens. Heute gewinnen Computer regelmäßig gegen uns“, gab Beiersdörfer zu bedenken. Den narzisstischen Kränkungen, die das Weltbild des Kopernikus, die Evolutionstheorie Darwins und die Freudsche Theorie des Unbewussten uns bescherten, fügte die immer weiter gesteigerte Rechenleistung der digitalen Maschinen wahrscheinlich eine weitere hinzu.

Unser Schicksal: eine Zwiebel

Wie Peer Gynt halte der Mensch auf der Suche nach dem, was seine Gattung auszeichnet, eine Zwiebel in der Hand, von der er Schale um Schale löst, bis am Ende vielleicht nichts mehr übrig bleibt, meinte denn auch der Medienwissenschaftler Norbert Bolz von der Technischen Universität Berlin. Doch ist das, was sprechende, laufende, assistierende Maschinen heute bieten, schon „Intelligenz“? Kann es die im grauen Kasten, ganz ohne biologische Grundlage, überhaupt geben? „Intelligenz ist die Fähigkeit, das Verhalten anderer Menschen hinreichend gut vorauszusagen“, definierte Thomas Christaller, Direktor des Fraunhofer-Instituts für Autonome Intelligente Systeme in Sankt Augustin. Menschen lernen das nach und nach, weil sie eine Kindheit haben. Der Maschinenmensch der Science-Fiction- Filme kommt aber als perfekter 35-jähriger Mann auf die Welt. „Wenn man etwas erkennen will, muss man von unten anfangen“, wendet der Informatik-Professor dagegen ein.

Schnell aber ahnungslos

Christoph von der Malsburg, Leiter des Instituts für Neuroinformatik an der Uni Bochum, sieht das ganz anders: Der Fehler der Informatik besteht seiner Überzeugung nach darin, dass sie den Blick nur nach unten wirft, zur „ahnungslosen, aber schnellen“ Maschine. Besser sei es, sich das Leben zum Vorbild zu nehmen, zum Beispiel die Zelle: Sie ist „komplex wie ein PC, dabei aber zugleich flexibel, robust, autonom, adaptiv und entwicklungsfähig“. Können Rechner je so werden? Der Professor für Neuroinformatik plädiert für ein „neues Bild dessen, was Rechnen ist“. Auch die Koordination, die Wahrnehmung der aktuellen Situation und das flexible Reagieren sollen in die Maschine verlagert werden. Seine Vision sind „elektronische Organismen“, die lernen und wachsen können. „Wir können dann in sie ebenso wenig hineingucken wie in die Köpfe unserer Kinder, wenn wir sie erziehen.“

Alan Turing, einer der geistigen Väter des Computers, schlug einst als Nagelprobe vor, ob der Rechner einem Gesprächspartner in einem Dialog vortäuschen könne, ein Mensch zu sein. „Intelligenz liegt im Auge des Beobachters, sie ist eine Eigenschaft, die sich in der Kommunikation entfaltet“, meinte auch der Philosoph Wolfgang Coy von der Humboldt-Universität. Wichtig ist demnach, was wir dem Digitalrechner zuschreiben.

Bolz hält es für möglich, beim Beobachter sogar den Eindruck von Subjektivität zu erzeugen, indem man ein wenig „Unberechenbarkeit“ als „Störgeräusch“ in das Programm einbaut. „Einem so konstruierten Roboter würde man sogar Eigenschaften wie ,freien Willen’ unterstellen.“ Ob wir ihn gerne als Haushaltshelfer, Altenpfleger oder gar „zuverlässigen Vater“ um uns hätten, bleibt fraglich.

Adelheid Müller-Lissner

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