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kim possible

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Studie: Klapperdürr im Zeichentrickland

Eine Studie hat die Figuren in TV-Comicserien unter die Lupe genommen und kam zu dem Ergebnis, dass die Überzahl der weiblichen Charaktere einen noch unnatürlicher idealisierten Körper haben als Barbie. Durchaus gefährlich für Mädchen, die ohnehin schon anfällig für Magersucht sind.

Schlau, schön und superschlank - die Schülerin Kim Possible rettet in der gleichnamigen Zeichentrickserie als Geheimagentin Folge für Folge die Welt. Und wer jetzt an Clark Kent alias Superman denkt, liegt wahrscheinlich gar nicht so falsch. Doch während Superman noch muskelbepackt und mit Waschbrettbauch sich in seinem hautengen Heldenkostüm aufmachte, um die Welt vor Bösem zu beschützen, stürzt sich Kim Possible mit einer noch kaum ersichtlichen Wespentaille und überlangen Beinen in ihre Abenteuer und erfreut sich bei Kindern und Jugendlichen allergrößter Beliebtheit, wie Umfragen zeigen. So sehr, dass nach Serien-Ende der Konzern Walt Disney gleich noch außerplanmäßig eine weitere Staffel nachschob.

Figuren wie Kim Possible prägen das Weltbild von Kindern in der Mediengesellschaft mit. Ist sie ein Einzelfall? Nein, fand eine Studie des Internationalen Zentralinstituts für das Jugend- und Bildungsfernsehen (IZI) heraus. Überwiegend herrscht eine einseitige Darstellung von Mädchen- und Frauenbildern. Fiktionales Kinderfernsehen besteht zu 84 Prozent aus Zeichentrick. Von den Figuren, die darin auftreten sind lediglich 32 Prozent weiblich. Doch der Großteil folgt einem Einheitsschema. Zwei von drei der weiblichen Zeichentrickfiguren haben so lange Beine und eine so dünne Taille, wie sie eine Frau noch nicht mal durch Schönheitsoperationen erreichen könnte. Der Streit um die Figur Barbie und ihre übernatürlichen Proportionen als falsches Rollenvorbild ist bekannt, bei den Comicfiguren werden diese Maße noch einmal weiter überzogen.

Verzerrte Körperwelten

Anhand von Standbildern der Vorderansicht untersuchte die Studie die Proportionen der Figuren und verglich diese mit für Menschen erreichbare und gesunde Körperverhältnisse. Gesunde schlanke Frauen und Mädchen haben ein Verhältnis von Taille zur Hüfte von 0,69 bis 0,80, dieser Wert ist ein Maßstab für die Fettverteilung am Körper. Bei den Zeichentrickfiguren liegen 58 Prozent unter diesem Wert, der für Menschen auf natürlichem Wege erreicht werden kann. Zum Teil haben die Figuren Wespentaillen, durch die kaum noch ein Rückgrat passt. Wie zum Beispiel bei oder Yoko von "Team Galaxy".

Auch bei dem Verhältnis von Hüfte zu Schulter sind die Figuren aus den meisten Comicserien stark überzeichnet. Frauen, die auf gesunde Weise schlank sind, haben einen Wert zwischen 0,69 und 0,80. Bei den Zeichentrickfiguren haben allerdings nur 16 Prozent einen solchen Wert. Positive Beispiele demgegenüber sind Bibi Blocksberg oder Lena aus der Serie "Skyland". Von den anderen Figuren erreicht oder unterschreitet jede Zweite den Wert von Barbie. Als Negativbeispiele führt die Untersuchung dazu Sasha aus "Bratz" oder Kim Possible an.

In einem weiteren Durchgang untersuchte die Studie das Verhältnis von Ober- und Unterkörper der Figuren im Vergleich zum Menschen. Bei Kindern oder jungen Frauen liegt das Verhältnis zwischen etwa 0,32 und 0,42. Demgegenüber haben 57 Prozent der weiblichen Zeichentrickfiguren so lange Beine, wie sie auf natürlichem Wege nicht mehr erreichbar sind. Fast jede Dritte Figur hat sogar längere Beine als Barbie. Besonders extreme Maße weisen zum Beispiel DeeDee aus der Serie "Dexter's Laboratory" auf und "Bratz Girls", eine computeranimierte Serie für die Zielgruppe der fünf- bis elfjährigen Mädchen, mit der der Sender Super RTL bereits Zuschauerrekorde feierte.

Erwachsenenwelt im Kinderfernsehen

Die Studie kommt zu dem Fazit, dass 57 bis 65 Prozent der weiblichen Zeichentrickfiguren im globalen Vergleich einen extrem kurvigen Körper mit kleiner Wespentaille haben und unnatürlich überzogen lange Beine. Es wird ein sexualisiertes Körperbild propagiert, dass höchstens durch operative Eingriffe und gesundheitliche Schäden zu erreichen ist. Woher diese einseitige Darstellung kommt, erklärt Götz damit, dass überwiegend männliche Schöpfer der Zeichentrickfiguren ihre eigenen Fantasien und Vorstellungen von attraktiven Frauenfiguren ins Kinderfernsehen übertragen.

Dem realen Menschen werden dabei nicht zu erreichende Maße vorgehalten: Um allein die Figur einer klassischen Barbie-Puppe zu erreichen, müsste eine Frau entweder mindestens zwischen 1,88 Meter und 2,26 Meter groß sein oder sich eine Rippe herausoperieren lassen. Vom medizinischen Standpunkt hätte sie höchstwahrscheinlich einen Bandscheibenvorfall und Atemprobleme, zudem wäre sie unfruchtbar und würde unter Osteoporose leiden, erklärt Götz.

Auf die Kritik, sowohl bei Barbie als auch den Zeichentrickfiguren handelt es sich um erdachte Charaktere, die mit der Realität nicht viel am Hut haben, wendet Götz ein, dass das Aussehen der Figuren derart einhellig in eine Richtung geht. Und diverse Studien bereits belegt haben, dass gerade die gesehenen Körperschemata in die inneren Bilder eingehen. Die Verengung des Schönheitsideals auf einen überschlanken Körper und eine Zunahme an Unzufriedenheit mit der eigenen Erscheinung können die Folge sein, bemängelt Götz weiter.

Expertin: Verstärkende Wirkung durch falsche Vorbilder

Auch Magersucht-Expertin Professor Doktor Martina de Zwaan kann einem derart einseitigen Schönheitsideal in den Medien wenig abgewinnen. "Solche Zeichentrickfiguren können ein Baustein sein auf dem Weg in die Magersucht, aber es ist fraglich wie wichtig dieser ist." Um an Magersucht zu erkranken, spielen viele Faktoren eine Rolle. Bei der Krankheit geht es nicht in erster Linie darum, einem bestimmten Schönheitsideal nachzueifern, sondern zumeist stecken psychische Erkrankungen dahinter. Aber die von den Medien propagierten Körperideale können durchaus eine verstärkende Wirkung bei Kindern und Jugendlichen haben, die ohnehin anfällig für Magersucht sind, erläutert de Zwaan. Dabei spielen die realen falschen Vorbilder, wie sie zum Beispiel von der Model-Branche gezeigt werden, allerdings eine bedeutendere Rolle als die in Zeichentrickserien. Sie fände es aber grundsätzlich begrüßenswert, wenn in der Gesellschaft generell ein anderes Schönheitsideal bestehen würde, kritisiert de Zwaan.

Die Kinder selbst, haben hinsichtlich der Figuren ihre eigenen Vorlieben. Die IZI-Studie brachte an den Tag, dass die befragten Kinder selbst diese sexualisierten Zeichentrickfiguren gar nicht sehen wollen. Die Bewertung der Figuren durch die repräsentative Befragung ergab, dass die Körperlichkeit, das Make-Up und die Kleidung die am meisten kritisierten Punkte waren. Bleibt nur noch die Frage nach dem Sinn, warum "Mädchen als Sexbomben" in diesen Serien dargestellt werden, moniert Götz, denn die Körperschemata stellen alles andere als Kinder- oder Jungmädchenfiguren dar, sondern sexualisierte kleine Frauenkörper.

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