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Gesundheit: Umsteiger: Kampfanzug statt Anwaltsrobe

Gibt es ein Leben nach dem Studium? In unserer Rubrik erzählen in loser Folge Absolventen und Abbrecher über ihre erste Zeit "draußen".

Gibt es ein Leben nach dem Studium? In unserer Rubrik erzählen in loser Folge Absolventen und Abbrecher über ihre erste Zeit "draußen". Wenn Sie selbst noch nicht länger als drei Jahre von der Uni weg sind und an dieser Stelle über Ihre Bemühungen berichten wollen, schicken Sie eine kurze Nachricht mit Ihrer Telefonnummer an die Campus-Redaktion des Tagesspiegels, 10876 Berlin, Stichwort "Umsteiger".

"Am Anfang ging alles glatt. Die Schule habe ich locker gemacht, ohne Quälerei. Das Abitur mit Einskommasieben. Die Welt steht mir offen, dachte ich. Eine Ausbildung oder irgendein Exotenfach? Kein Gedanke, lieber wollte ich was Handfestes studieren mit gesellschaftlicher Akzeptanzgarantie und entschied mich für Jura. Ich sah mich als Staranwalt mit Sekretärin und dickem Schreibtisch. Als die ersten schon stolperten, marschierte ich im Bewusstsein, besser zu sein, schnurstracks an ihnen vorbei: ZVS-Zulassung, Klausuren, alle Scheine, der Freischuss nach acht Semestern. Das erste Staatsexamen war greifbar nah. Doch da, hoppla, das erste Stolpern. Ich war durchgefallen. Die Rechtfertigungen hatte ich schnell bei der Hand, ein Versuch sei es gewesen, weiter nichts. Doch der Kloß in meinem Hals war da, und er saß tief.

Ich habe mir für den zweiten Anlauf ein ganzes Jahr Zeit genommen. Lernen und Lernen, Tag um Tag, das Studium war plötzlich der Mittelpunkt meines Lebens. Die zweite Prüfung: wieder durchgefallen. Es fehlten ein halber Punkt und eine juristische Norm zum Bestehen. Der Bruch war da, der logische Dreisatz aus Abitur, Studium, Beruf empfindlich gestört. Zwei Jahre Auszeit.

Judo machte sowieso mehr Spaß. Schon seit Jahrzehnten war ich dabei, kämpfte lange in der ersten und zweiten Bundesliga und war seitdem auch als Trainer in der Sportschule Randori beschäftigt. Und der Sport hatte einen gravierenden Vorteil gegenüber dem Studium, denn dort konnte ich etwas bewegen, sowohl als Trainer wie als Präsident des Berliner Judo-Verbandes und als FU-Dozent im Fachbereich Sport. Der Erfolg machte Spaß, der Übergang von Freizeit und Arbeit wurde fließend. Judo als Beruf? Vielleicht. Aber das Examen wollte ich noch abhaken können, vor allem für das eigene Selbstverständnis.

Also Jura-Intensivkurs in Bayern, vier Wochen für viele tausend Mark, hochmotiviert zurück in Berlin, dann das schwarze Loch. Vier Monate hätte ich zum Lernen Zeit gehabt, keinen einzigen Tag habe ich mich an den Schreibtisch gesetzt. Die Luft war raus. Das Prüfungsergebnis: dementsprechend. Einen vierten Versuch für das erste Staatsexamen verbietet die Prüfungsordnung. Ich stand also nach zehn Jahren Uni wieder an dem Punkt, an dem ich begonnen hatte. Abi und weiter nix. Ein halbherziger BWL-Versuch scheiterte am latenten Desinteresse für das Fach. Erfolg immer wieder im Judo, immer weniger im Studium.

Das mag ein Grund gewesen sein, dass ich mich langsam von der Vorstellung löste, nun doch noch irgendwie einen Hochschulabschluss erreichen zu müssen. Leicht ist mir das nicht gefallen. Nun also doch: Judo als Beruf. Ich habe während der letzten Jahre die Trainerlizenzen C und B erworben, zahlreiche Fortbildungsseminare besucht und trage den vierten Schwarzen Gürtel (4. Dan). Gerade absolviere ich an der Sporthochschule Köln die Ausbildung zur A-Lizenz. Inzwischen habe ich als Trainer unsere Regional- und 2. Bundesligamannschaft zu einigen bedeutenden Siegen geführt und unsere Sportschule an die Spitze der Berliner Vereine gebracht. Einer der von mir ausgebildeten Judokas kämpft sogar in der deutschen Nationalmannschaft.

Keine schlechte Bilanz mithin, und trotzdem werde ich oft nach meiner Perspektive als Judotrainer gefragt. Ob ich mein Leben lang auf der Matte stehen will, um Kindern und Jugendlichen Würfe und Fallübungen beizubringen, und ob ich genau diese Kinder und Jugendlichen Jahre später als erfolgreiche Anwälte und Mediziner an mir vorbeiziehen lassen will. Du bist doch viel zu schlau, um ewig Judotrainer zu sein, schwingt im Unterton mit. Sicherlich haben die Zweifler nicht ganz Unrecht, aber andererseits weiß ich eines: Judo ist mein Leben. Und mit der A-Lizenz stehen mir alle Türen offen, um eines Tages Landes- oder Bundestrainer zu werden. Eine schlechte Perspektive?" (Protokoll: Juliane von Mittelstaedt)

Wie wird man Judolehrer?

Es gibt keine geregelte Ausbildung zum Judotrainer, die EU erkennt jedoch die A-Lizenz als Grundlage für die offizielle Berufsbezeichnung "Judotrainer" an.

Für die A-Lizenz braucht man den 2. Dan, muss seit zwei Jahren die B-Lizenz haben und eine Empfehlung vom Landesverband. Es gibt in Berlin ca. zehn Judotrainer mit einer A-Lizenz. Wer den Weg über den Diplom-Sportlehrer wählt, muss die A-Lizenz und die eine Empfehlung vom Deutschen Judobund vorweisen können.

Arbeitsgebiet: Berufsschulen, Private Schulen und Sportinternate

Infos zur Ausbildung: Sportschule Randori, Telefon: 791 10 62, Judo-Verband Berlin: judo-verband-berlin@t-online.de , Telefon: 97 60 43 86

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