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Gesundheit: „Unausgereifte Konzepte“ Streit um die Hochschulmedizin

Einig in der Uneinigkeit waren sich die Experten bei der Anhörung im Wissenschaftsausschuss des Abgeordnetenhauses. Der Streit geht um die Frage, wie ein revolutionäres Konzept in Gesetzesform zu fassen ist: Zwei Universitäten sollen für eine gemeinsame medizinische Fakultät und ein gemeinsames Klinikum verantwortlich werden.

Einig in der Uneinigkeit waren sich die Experten bei der Anhörung im Wissenschaftsausschuss des Abgeordnetenhauses. Der Streit geht um die Frage, wie ein revolutionäres Konzept in Gesetzesform zu fassen ist: Zwei Universitäten sollen für eine gemeinsame medizinische Fakultät und ein gemeinsames Klinikum verantwortlich werden.

Hamburg hat sein Uniklinikum und damit auch die medizinische Fakultät als voll rechtsfähige Gliedkörperschaft organisiert. Sie kann Personal einstellen, über Grundstücke verfügen, sie verkaufen, mit Hypotheken belasten oder Kredite aufnehmen. Diesen Status möchte der ärztliche Direktor der Charité, Manfred Dietel, in Berlin durchsetzen. Denn wenn ein Uniklinikum 30 oder 100 Millionen Euro Defizit erwirtschaftet, kann die Universität dies unmöglich auf Kosten aller anderen Fächer ausgleichen. Dass die Hochschulmedizin ein Sonderfall ist, weil sie nach der Neuordnung mit 15000 Beschäftigten und einem Umsatz von einer Milliarde Euro zu den größten Berliner Unternehmen gehört, ist für Dietel ein Leitgedanke.

FU-Präsident Peter Gaehtgens und HU-Präsident Jürgen Mlynek haben sich gegen die Umwandlung der Medizin in eine selbstständige Medizinische Hochschule gewandt, weil sie die Verbindung zu den Naturwissenschaften, etwa zur Biologie, bewahren wollen. Sie fordern daher im künftigen Medizin-Senat und im Aufsichtsrat Sitz und Stimme. Wie sollten sie sonst, wenn es etwa um die Berufung neuer Professoren geht, die Interessen der Universitäten als Ganzes einbringen können. Sie werden mit dieser Forderung vom Vorsitzenden der Expertenkommission, Winfried Benz, unterstützt. Auch er hält nur eine Teilrechtsfähigkeit für geboten.

Ganz anders beurteilt das der Vorsitzende des Wissenschaftsrates, Karl-Max Einhäupl. Er möchte, dass der erste Platz, den die Berliner Hochschulmedizin in Deutschland einnimmt, dadurch gewahrt bleibt, dass die Mediziner die ihnen schon jetzt auferlegte Sparsumme von 98 Millionen Euro unbeschadet von sonstigen Universitätsinteressen selbst bewältigen können. Da auf die Hochschulen neue Sparwellen von vielleicht 200 Millionen Euro zukommen, könnten die Unipräsidenten in Versuchung kommen, einen Teil dieser Sparsumme zusätzlich auf die Medizin umzulegen, wenn sie Einfluss auf deren Entwicklungsplanung nehmen.

Einig waren sich die Experten, dass der Entwurf von SPD und PDS zu viele Einzelregelungen enthält und einen Rückfall in Zeiten der staatlichen Detailregelung darstellt. Am radikalsten war der Vorschlag des Dekans der medizinischen Fakultät der FU, Martin Paul, nur vier Gremien für die Hochschulmedizin einzurichten statt sieben, wie im Vorschaltgesetz geplant.

Uwe Schlicht

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