zum Hauptinhalt

Gesundheit: Wie der tödliche Cocktail wirkt

Wenn Lungen- oder Darmmilzbrand ausgebrochen ist und eindeutig diagnostiziert werden kann, ist es meist zu spät. Die übliche Behandlung mit einem Antibiotikum, das die Bakterien abtötet, kann das Leben des Patienten dann nicht mehr retten.

Wenn Lungen- oder Darmmilzbrand ausgebrochen ist und eindeutig diagnostiziert werden kann, ist es meist zu spät. Die übliche Behandlung mit einem Antibiotikum, das die Bakterien abtötet, kann das Leben des Patienten dann nicht mehr retten. Denn längst haben die Bakterien im Körper des Opfers ein Gift freigesetzt, das aus drei gefährlichen Komponenten besteht.

Zum Thema Foto-Tour: Weltweite Angst vor Milzbrand Online Spezial: Bio-Terrorismus Trittbrettfahrer: Empfindliche Strafen Die tödliche Wirkung zeigen derzeit dieAnschläge in den USA. Aus aktuellem Anlass wurden jetzt die Ergebnisse zweier amerikanischer Teams vom Fachblatt "Nature" veröffentlicht, die zwei der drei Komponenten des aus Eiweißen bestehenden Anthrax-Toxins betreffen und deren Publizierung erst für den 8. November geplant war.

Die Arbeitsgruppe um Robert Liddington vom Burnham-Institut im kalifornischen La Jolla untersuchte die Struktur des Letal-Faktors (LF). Diese Komponente des Gifts bringt die Fresszellen des Immunsystems durch Aktivierung eines Enzyms dazu, sich selbst aufzulösen. Das Eiweiß LF trägt seinen Namen, weil schon seit einiger Zeit vermutet wird, dass er Hauptverursacher der tödlichen Wirkung des Gifts ist.

Die zweite Komponente des tödlichen Gifts ist der Ödemfaktor, der Wassereinlagerungen bewirkt und die Weiterleitung von Informationen innerhalb des Immunsystems behindert. Im Tierversuch zeigte sich aber, dass nach einer Injektion einer gereinigten Version des Toxins, die den Ödemfaktor nicht mehr enthielt, die Krankheit gleich verlief wie nach einer Infektion mit dem "naturbelassenen" Milzbrand-Bakterium. Nachdem nun mehr Klarheit über die Kristallstruktur des LF gewonnen ist, besteht Hoffnung, dass dem Eiweiß durch gezielte Blockade Einhalt geboten werden könnte.

Geklonter Rezeptor

Wissenschaftlern um den Krebsforscher John Young von der University of Wisconsin in Madison gelang es, die Zell-Andockstellen zu identifizieren, an denen sich der Dritte im unseligen Toxin-Bunde, das Eiweiß namens protektives Antigen (PA), anheftet. Erst dieses Andocken an der Zelloberfläche schafft die Voraussetzungen dafür, dass Ödem- und Letalfaktor in die Zelle eindringen und dort ihr zersetzendes Werk beginnen können.

Die Forscher beschreiben, wie es ihnen gelang, den Anthrax-Toxin-Rezeptor (ATR) durch Klonierungsverfahren zu gewinnen, und in welchem Abschnitt dieses Rezeptors PA genau andockt. In Labor-Experimenten kamen sie zu dem Ergebnis, dass eine lösliche Form dieses ATR-Abschnitts in der Lage ist, Zellen vor der Wirkung des Toxins zu schützen.

Beide Ergebnisse könnten eine medikamentöse Therapie möglich machen, die, anders als die Antibiotika, noch helfen könnte, wenn die Milzbrand-Bakterien das gefährliche Gift schon freigesetzt haben. Dies könnten einerseits Wirkstoffe sein, die PA davon abhalten, sich an Zellen zu binden. Eine andere Möglichkeit wären Substanzen, die den Letalfaktor daran hindern, seine giftige Wirkung auf die Zelle zu entfalten oder die Verbindung mit PA blockieren. Derzeit ist es für konkrete Hoffnungen auf eine Ausschaltung des tödlichen Terzetts allerdings noch viel zu früh.

Adelheid Müller-Lissner

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false