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In diesem Palazzo mitten in Florenz arbeitet Signore Bertinelli. Er ist der Chef von "Ferragamo Parfums", der Palazzo Ferroni gehört der Familie Ferragamo.

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Ein Gespräch übers Duften: „Mit Parfüm kaufst du ein Stück des Traums“

Parfüms werden für Luxushäuser immer wichtiger. Auch bei Salvatore Ferragamo verkaufen sie längst nicht nur Schuhe. Ein Gespräch mit Luciano Bertinelli, dem Chef von „Ferragamo Parfums“.

Luciano Bertinelli, der Chef von „Ferragamo Parfums“, hat sein Büro im familieneigenen Palazzo Ferroni mitten in Florenz. Er ist einer der wenigen Chefs, der nicht zur Ferragamo-Familie gehört.

Meine Vorstellung von Parfümentwicklung ist recht romantisch – man entscheidet aus dem Bauch, was gut riecht …
Vorbei! Die Welt ist zu groß und kompliziert geworden. Die Frage ist nicht, ob ich ein Parfüm mag, sondern, ob ich es verkaufen kann. Wenn du sagst: Ich liebe diesen Duft, ist das der falsche Ansatz.

Wie lange dauert es, ein Parfüm zu entwickeln?
Im Fall von Acqua Essenziale, unserem neuen Herrenduft, anderthalb Jahre. Das ist eine lange Zeit, normalerweise geht es schneller. Dieser Duft ist für uns ein großes Projekt. Wir haben eine Menge Geld in die Kommunikation gesteckt. Aber ein Parfüm muss auch viele Jahre auf dem Markt bleiben.

Mit welcher Zeitspanne planen Sie?
Wenn das Parfüm drei Jahre auf dem Markt schafft, ist es ein Klassiker. Früher dauerte das länger. Ich arbeite jetzt an Projekten für 2015. Wenn wir eine Kampagne entwickeln, ist es nicht für eine Saison wie in der Mode – es ist für Jahre. Da ist es absolut fundamental, das richtige Model und die richtige Geschichte zu wählen, die du erzählen willst.

Richten Sie sich nach Trends?
Manchmal arbeiten wir mit Massimiliano Giornetti, dem Creative Director von Ferragamo, zusammen, und dann fragen wir ihn nach Ideen für 2015: Welche Farben, welche Trends wird es geben? Er sagt dann nur: „Woher soll ich das wissen?“ Es ist eben etwas komplett anderes als Mode. Du musst Flakon und Kampagne für eine lange Zeit produzieren.

Wie entwickelt man ein Parfüm?
Zuerst entscheiden wir, ob wir ein Herren- oder Damenparfüm brauchen. Dann definieren wir das Ziel, das wir angreifen wollen – manchmal ist die geografische Ausrichtung wichtig, zum Beispiel China. In diesem Fall war es erst USA, gefolgt von Europa, dann Asien. Es ist nämlich so: Wenn du Erfolg in den USA hast, dann hast du ihn überall. 100-prozentig ist der dann in Lateinamerika, in Australien. Nach dem, was in den USA passiert, richten sich auch China und Asien, das ist also ein Dominoeffekt.

Und der Duft selbst?
Erst im nächsten Schritt geht es um die Duftfamilie. In diesem Fall haben wir nach etwas Frischem gesucht. Wir schreiben unsere Wünsche auf – zum Flakon, zum Duft, zur Kommunikation. Wir arbeiten mit mehreren Parfümeuren zusammen und zuletzt machen wir in verschiedenen Ländern Kundentests.

Wie arbeitet der Parfümeur?
Wir schreiben normalerweise an drei Parfüm-Manufakturen, was wir uns wünschen, und die suchen dort eine Nase, also einen Parfümeur für den Job aus. Manchmal wollen wir auch eine bestimmte Nase. Wenn wir uns entschieden haben, beginnt erst die richtige Arbeit. Der Parfümeur verändert ein Molekül vor und zurück – 200 bis 300 Mal, das dauerte in diesem Fall neun Monate.

Luciano Bertinelli ist der Parfümchef bei Ferragamo.

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Wie wichtig sind berühmte Nasen fürs Geschäft?
Manchmal arbeiten wir mit Stars wie mit Alberto Morillas. Er hat viele bekannte Düfte kreiert. Vor 30 Jahren war das noch kein Thema. Aber alles ist so schnell geworden, jetzt kommt jeden Tag ein neuer Duft auf den Markt, und hinter jedem Duft steht eine Nase.

Wie wichtig ist es, wo das Parfüm in der Parfümerie steht?
Fundamental wichtig. Du musst am richtigen Ort sein. Wenn du das tollste Parfüm der Welt hast und in der hintersten Ecke bei den Toiletten stehst, verkaufst du nichts. Da kommt es auf die Macht an, die du im Markt hast. Und auf die deiner Marke. Wenn ich den Duft Bertinelli genannt hätte, würde ich genau vier Flaschen verkaufen – eine an meine Mutter und drei an meine Geschwister. Wenn du Ferragamo drauf schreibst, verkaufst du ein paar mehr.

Aber es muss in die Ferragamo-Welt passen – also nach Ferragamo riechen?
Wir sprechen mit den Familienmitgliedern und dem Creative Director. Aber bei Details, sei es auf dem Flakon oder der Verpackung, sind wir frei, das wäre sonst zu kompliziert.

Wie wichtig ist Parfüm für ein Unternehmen wie Ferragamo?
Sehr wichtig, unsere Firma „Ferragamo Parfums“ ist jung. Vor zehn Jahren bin ich von Bulgari zu Ferragamo gekommen und habe den Bereich aufgebaut. Jetzt machen wir 6,1 Prozent des Umsatzes. Und die Familie und vor allem der Chef Leonardo Ferragamo glaubt an das Parfüm. Es ist ein demokratisches Produkt, du kannst mit 100 Euro ein Stück des Traums kaufen.

Geruch ist ja auch ein wichtiger Sinn.

Ein Parfüm zu haben, war der Traum des Gründers Salvatore Ferragamo. Für ihn war Parfüm ein Accessoire, der letzte Touch für den Look einer Lady.

Wenn der Kunde den Duft riecht, soll er ihn mit Ferragamo assoziieren, zum Beispiel mit dem Leder?
Wenn wir ein Parfüm entwickeln, haben wir nicht den Geruch des Leders im Sinn. Das ist ein echter Fehler, wir wollen den Geruch von Leder nicht mit unserem Duft verbinden. Wir wollen den Duft mit der ganzen DNA von Ferragamo verbinden, also all die zeitlose Eleganz.

Warum hat sich der Markt verändert?
Markt und Kunden haben sich verändert. Es sind neue dazu gekommen – die wichtigsten sind die Chinesen, die jetzt anfangen, Parfüm zu benutzen. Im Moment benutzt nur ein Prozent der Chinesen Parfüm – in Europa sind es 70 Prozent. Das ist eine riesige Lücke und große Chance. Die Chinesen lieben Duft, auch die Männer. Auch Mexiko und Brasilien sind ein riesiger Markt, die duften gern.

Machen Sie etwas Spezielles für China?
Wir können nicht auf China verzichten, wir müssen dort Parfüm verkaufen. Aber die Chinesen mögen „Made in China“ gar nicht, die wollen „Made in Italy“ oder „Made in France“. Sie wollen nichts, was speziell für sie gemacht wurde. Sie wollen etwas, was du und ich benutzen, sie wollen so fühlen wie du.

Was riechen Sie selbst am liebsten?
Das Meer! Es erinnert mich an meine Kindheit, wenn wir mit der Familie an der Riviera waren. Auch der Geruch von Florenz, wenn der Frühling kommt, ist sehr speziell – die Stadt liegt inmitten lauter Hügel. Es riecht toll, wenn alles blüht. Berlin riecht ganz anders. Viel mehr nach Großstadt, rauer.

Das Gespräch führte Grit Thönnissen.

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